USA: Aufschwung mit Sorgen

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Die Wirtschaft wächst stramm, die Arbeitslosigkeit sinkt, doch die politische Lähmung wirft einen Schatten über die Erholung.

Washington. Um solche Meldungen beneidet der Europäer die Amerikaner: In allen 50 Bundesstaaten sowie in der Hauptstadt Washington ist die Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr gesunken, berichtet das US-Bundesamt für Arbeitsmarktstatistiken am Mittwoch. Zudem stieg die Beschäftigungsquote in 35 Staaten sowie in D.C., was ein weiteres gutes Zeichen für die Erholung der amerikanischen Volkswirtschaft ist. Die Arbeitslosenquote sinkt also nicht bloß deshalb, weil viele Stellensuchende frustriert aufgeben und nicht mehr statistisch erfasst werden.

Binnen Jahresfrist sind in den USA unterm Strich 3,2 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden, allein heuer im Februar dürfte eine knappe Viertelmillion dazugekommen sein, trotz des in weiten Gegenden der Vereinigten Staaten harschen Wetters. So stark ist die Zahl neuer Stellen seit dem Jahr 1999 nicht mehr gewachsen. Als Folge dessen ist die Arbeitslosenquote seit 2012 von acht auf rund sechs Prozent gesunken.

Getragen wird diese vergleichsweise gute Lage auf dem Arbeitsmarkt von einem strammen Wirtschaftswachstum. Im vierten Quartal des alten Jahres betrug es zwar mit 2,2Prozent etwas weniger als zuvor erwartet. Von so einem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes können die meisten europäischen Staaten allerdings nur träumen – ebenso wie von der für 2015 vermuteten Wachstumsrate von rund drei Prozent.

Der wichtigste Grund für diese Erholung liegt darin, dass die USA – anders als die EU – wirtschaftlich ziemlich selbstgenügsam sind. Privatkonsum macht rund 70Prozent der US-Wirtschaftsleistung aus. Seit die Banken sich nach der jüngsten Finanzkrise ihrer faulen Kredite entledigt und die Bürger ihre Kreditkarten- und Hypothekarschulden verringert haben, kann wieder konsumiert werden, vor allem auf Pump.

Gefahr droht den USA jetzt in erster Linie von ihrer politischen Klasse. Sollte der Oberste Gerichtshof die von Präsident Barack Obama eingeführte allgemeine Krankenversicherung im Juni oder Juli als verfassungswidrig kippen, stünden Millionen von Bürgern plötzlich ohne Versicherung da: ein Szenario, für das man im Weißen Haus derzeit keine Vorbereitungen getroffen hat. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2015)

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