Konjunktur: Die Eurozone atmet wieder auf

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Aus den Krisenländern Spanien, Portugal und Irland sind Reformländer geworden. Die Zeichen stehen auf Aufschwung. Außer in Österreich – wo der Reformstau die Wirtschaft weiter bremst.

Wien. Krise, Grexit, Arbeitslosigkeit. Positive Nachrichten vom Wirtschaftsstandort Eurozone musste man in den vergangenen Jahren mit der Lupe suchen. Aber während das griechische Drama ungelöst bleibt und Politiker wie Medien in Atem hält, tragen die Reformen in Spanien, Portugal und Irland sprichwörtlich Früchte.

Dazu kommt das weiterhin stark aufgestellte Deutschland – und siehe da: Die Wirtschaft in der Eurozone erholt sich. Auch EZB-Chef Mario Draghi hob am Donnerstag die Prognose für die Eurozone von 1,0 auf 1,5 Prozent Wachstum für 2015 an. Und eine ganze Reihe von Gründen weist darauf hin, dass diese Erholung zumindest in den kommenden zwei Jahren zum Trend wird. Für 2017 sagen die Notenbanker ein BIP-Wachstum von 2,1 Prozent voraus.

„Der niedrige Ölpreis und der schwache Euro – aber auch die Banken- und Fiskalpolitik weisen für die Konjunktur alle in dieselbe Richtung: nach oben“, sagt Dirk Schumacher, Chefvolkswirt für Deutschland und Euroland bei der US-Investmentbank Goldman Sachs, im Gespräch mit der „Presse“. „Den Aufschwung sehen wir bereits in den Daten. Dazu kommt die Unterstützung durch den Ölpreis und den niedrigen Euro.“

Die Logik: Die gefallenen Ölpreise wirken wie ein Konjunkturpaket für die Wirtschaft – und wie ein Entlastungspaket für von Steuern, Abgaben und Niedrigzinsen geschundene Konsumenten und Sparer. Dass der Aufschwung jetzt erst startet, da der Ölpreis wieder steigt, sei normal: „So ein Ölpreisschock braucht normalerweise sechs Monate, bis er ankommt“, so Schumacher.

Ein weiterer Faktor: „Die Banken haben ihre Bilanzen bereinigen müssen. Das ist ein wesentliches Problem weniger.“ Effekt: Die viel bejammerte Kreditvergabe der Banken zieht wieder an. Die von der Europäischen Zentralbank in die Banken gepumpten Milliarden kommen so in der Wirtschaft an – zumindest langsam. Und selbst von den Staaten seien wieder Impulse zu erwarten. „Die Fiskalpolitik wird heuer neutral sein.“ Heißt: Die Zeiten der Austerität scheinen vorbei.

Wird das Wort Krise jetzt endgültig verschwinden? Natürlich nicht. Denn den positiven Nachrichten stehen negative gegenüber – und ausgerechnet Österreich verliert immer mehr an Boden. „Man muss aufpassen“, sagt Raiffeisen-Chefökonom Peter Brezinschek zur „Presse“. Wobei er der Analyse von Goldman prinzipiell zustimmt. „Für Europa kann man sagen: Ja, 2015 wird besser als 2014. Und 2016 wird sogar besser als 2015. Aber man muss das differenziert sehen: Spanien, Portugal, Irland und Deutschland, das sind die positiven Faktoren. Die Reformländer haben seit dem zweiten Quartal 2013 eine positive Tendenz im Wachstum. Die Reformen haben zwei Jahre gekostet – aber das ist ja auch irgendwo der Sinn von Reformen. Selbst der Arbeitsmarkt hat sich in Spanien verbessert. Seit März 2013 steigen die Beschäftigtenzahlen – auch wenn sich das aus demografischen Gründen und wegen der Zuwanderung noch nicht in der Statistik bemerkbar macht.“ Spanien wird in den nächsten drei Jahren mit jeweils mehr als zwei Prozent wachsen.

Sorgenkind Österreich

Bleibt die schlechte Nachricht: Österreich. In der Wachstumsprognose der EU ist die Alpenrepublik auf den viertletzten Platz zurückgefallen: Nur 0,8 Prozent soll die Wirtschaft 2015 wachsen. „Wir sind überreguliert und müssen entrümpeln – vom Arbeitsmarkt bis zu den Öffnungszeiten. Leider liegt aber weder ein Konzept für die Senkung der Lohnnebenkosten noch eines für den Abbau der Bürokratie vor“, so Brezinschek. Aber zumindest wird Österreich auch von den positiven Faktoren Ölpreis und Eurokurs profitieren, sagt Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker: „Die niedrigen Ölpreise sollten ab dem zweiten Halbjahr den Konsum antreiben. Der günstige Euro sollte auch etwas dazu beitragen.“ Der ist am Donnerstag mit 1,095 zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit September 2003 gesunken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2015)

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