Denizbank: „Wir sind eine europäische Bank“

Ahmet Mesut Ersoy
Ahmet Mesut Ersoy(C) Denizbank
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Ahmet Mesut Ersoy, Vorstandschef der Denizbank AG, denkt an Expansion und erklärt, warum es kein Problem ist, Tochter der russischen Sberbank zu sein.

Die Presse: Wirtschaftsexperten blicken mit großen Sorgen in die Zukunft. Von Stillstand ist die Rede. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Ahmet Mesut Ersoy: Mit der Wirtschaft ist es wie mit dem Radfahren. Wenn man an Schwung verliert, fällt man um. Also muss man sie in Bewegung halten, muss man für Konsum sorgen. Konsum führt zu Investitionen, und Investitionen zu Arbeitsplätzen.

Glauben Sie, dass die Wirtschaft in Europa wieder Schwung aufnimmt?

Wir dürfen uns nicht ausruhen. Zu sagen, wir haben genug gestrampelt, jetzt warten wir ab, endet auch mit einem Sturz. Prinzipiell bin ich aber optimistisch, dass die Welt überleben wird. Ein Blick auf die Wirtschaftsgeschichte sagt mir: Die Wirtschaft wird wieder auf die Beine kommen und weiterwachsen.

Dann sind wir ja beruhigt. Aber wir leben in einer Welt der Umbrüche. Facebook, Google und Co. drängen ins Bankengeschäft. Wird die klassische Bank in absehbarer Zeit ausgedient haben?

Das glaube ich nicht. Es könnte eher eine parallele Entwicklung geben. Ich sehe in Google keinen Mitbewerber, sondern eher ein zusätzliches Angebot. Diese beiden Teile – traditionelles und neues Geschäft – können sich sogar gegenseitig unterstützen.

Aber wer geht denn heute noch in eine Bankfiliale?

Viele. Das Bankgeschäft basiert auf dem Kontakt mit Menschen, auf Beziehungen von Angesicht zu Angesicht. Es muss und wird diesen klassischen Ansatz weiterhin geben. Auch der Chef von Tesco (britische Supermarktkette, Anm.)war vor zwei Jahren auf einer Konferenz in Frankfurt dieser Meinung: Das Retail-Netzwerk wird wegen der Existenz von Menschen im Gegensatz zum E-Business immer funktionieren. Vieles geht nicht übers Internet und auch nicht übers Telefon. Persönlicher Kontakt spart Kosten und Zeit, vor allem bei Schwierigkeiten.

Die Zahlen sprechen aber offensichtlich eine andere Sprache. Gerade die Banken senken ihre Personalkosten. Viele Institute setzen stark auf neue Technologien.

Natürlich geht der Trend hin zu mehr Technologie. Das erhöht die Arbeitslosigkeit. Aber man wird immer Menschen brauchen, vor allem im Dienstleistungsbereich. In Österreich und Deutschland haben wir mehrere Filialen aufgemacht. In Österreich haben wir mittlerweile 26 Filialen und in Deutschland 16.

Dabei gilt die Denizbank doch gemeinhin auch als Vorreiter in Sachen Onlinebanking.

Das eine schließt das andere nicht aus. Es stimmt, unsere Muttergesellschaft, die Denizbank A.Ş, war die erste Bank der Welt, die Facebook-Banking eingeführt hat. In Österreich führten wir als erste Video-Chatting ein. Die Deniz Bank Financial Services Group ist ein sehr IT-orientiertes Unternehmen. Wir haben ein eigenes IT-Unternehmen mit 800 Mitarbeitern in der Türkei. Auf dem IT-Sektor sind wir weltweit anerkannt, unsere Software wurde in den USA mit Preisen ausgezeichnet.

Wie viele Kunden haben Sie in Österreich?

Unter dem Dach der Denizbank 167.000. Eine vernünftige Zahl, wir sind sehr glücklich und wachsen weiter.

Wächst auch das Filialnetz der Denizbank?

Wir haben mittlerweile 26 Filialen, allerdings nicht mehr als eine pro Stadt mit Ausnahme Wiens. In Wien haben wir zwölf Filialen. Wir bauen keine Paläste. Unsere Filialen sind effizient. Wenn ich meine Kunden auf 200 bis 250 Quadratmetern betreuen kann, brauche ich nicht 500 Quadratmeter zu mieten.

Vom Wachstum in Österreich zu möglichen Problemen in Osteuropa: Die Denizbank ist eine Tochter der russischen Sberbank. Müssen Sie nicht fürchten, dass Sie irgendwann auch von den EU-Sanktionen gegen Russland betroffen sein werden?

Das kann ich mit einem knappen Nein beantworten. Wir sind eine europäische Bank. Und wir sind eine selbstständige Bank mit einer österreichischen Lizenz.

Gab und gibt es Fragen von Kunden?

Ein paar, nicht viele. Wir haben das denen auch genauso erklärt.

Die Situation ist zumindest für die Sberbank in Russland nicht einfach. Müssen Sie sich da nicht Sorgen um Ihren Eigentümer machen?

Das zu kommentieren, liegt nicht in meiner Kompetenz. Für die Denizbank AG kann ich aber sagen: Sberbank ist die Eigentümerin unserer Muttergesellschaft, der Denizbank-Gruppe. Die Denizbank AG ist eine eigenständige Bank, die nach dem österreichischen Bankwesengesetz agiert.

AUF EINEN BLICK

Ahmet Mesut Ersoy ist Generaldirektor der Denizbank AG. Das Institut wurde 1996 in Österreich gegründet. Heute betreibt die Bank 26 Filialen in Österreich, zwölf davon in Wien, und betreut 167.000 Kunden. Der Mutterkonzern, die Denizbank-Gruppe, steht im Eigentum der russischen Sberbank. Die Denizbank AG ist eine selbstständige Bank mit österreichischer Lizenz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2015)

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