Online-Handel: Preise ändern sich wie Aktienkurse

imago/Rüdiger Wölk
  • Drucken

Abhängig vom Wochentag und der Produktgruppe zeigen sich die Preise im Internet-Handel recht dynamisch. Experten vermuten gar individualiserte Preise.

Die Preise fahren im Internet Achterbahn. Die Kosten für einen Fernseher oder einen Tablet-Computer ändern sich im Internet manchmal fast so schnell wie Aktienkurse an der Börse. "Allein Amazon nimmt jeden Tag 2,5 bis 3 Millionen Preisänderungen vor", schätzt der deutsche Handelsexperte Thomas Täuber von der Unternehmensberatung Accenture. Eine Herausforderung für den Kunden, wird es trotz zahlreicher Preissuchmaschinen immer schwieriger den Überblick zu behalten. Lautete früher die Frage „Wo kaufe ich?“ gehe es heute darum „Wann kauf ich wo?“, beschreibt der Handelsexperte die Herausforderung für den Online-Käufer.

Tatsächlich gibt es nach einer Studie des Preisbeobachtungsdienstes Spottster auffällige Schwankungen bei den Preisen, die sich der Verbraucher zunutze machen kann. Elektronikprodukte seien Mittwochs tendenziell günstiger als an anderen Tagen, Schuhe am Donnerstag, Beauty-Produkte am Freitag, verrät Spottster-Gründerin Freya Oehle. Am Wochenende sei das Online-Shoppen dagegen eher teuerer.

Elektronikgeräte preissensibel

Die ständige Wechsel bei den Preisen, im Branchenjargon als "Dynamic Pricing" bekannt, ist für die meisten Online-Händler heute überlebenswichtig. Denn bei gut vergleichbaren Produkten wie Fernsehern oder DVDs ist der Preis in der Regel das entscheidende Kaufkriterium. Wer da den Markt nicht im Blick hat und auf Preissenkungen der Konkurrenz nicht reagiert, steht schnell ohne Kunden da. Umgekehrt müssen die Händler auch Preiserhöhungsspielräume nutzen, damit der Gewinn nicht unter die Räder kommt.

Ein wesentliches Kriterium sind auch die Produktkategorien. Bei manchen Produkte wie Elektronikgeräten sind die Preise nach nach Angaben von Marktbeobachtern ständig in Bewegung, ebenso bei Reisen und Flugtickets. Bei Textilien zeige der Markt dagegen weniger starke Ausschläge. Hier sei die Markenvielfalt größer und die Vergleichbarkeit geringer.

Experten vermuten individualisierte Preise

Handelsexperten wie Täuber oder der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Kai Hudetz, sind allerdings fast sicher, dass zumindest bei einigen Online-Händlernnicht nur der Einkaufspreis und die Konkurrenz den Verkaufspreis bestimmen, sondern dass auch vorhandene Daten über früheres Kaufverhalten des Kunden in die Preisgestaltung einfließen.

"Ich würde mich sehr wundern, wenn die großen Online-Händler nicht mit individualisierten Preisen experimentieren. Schließlich sind diese Unternehmen extrem datengetrieben", meint Hudetz. Die Logik dahinter beschreibt Täuber: "Wenn der Kunde wenig preisempfindlich ist und unbedingt jedes neue Gerät haben will, muss ich ihm kein Sonderangebot machen. Das Geld kann ich besser bei unentschlossenen Kunden einsetzen."

Rabattgutschein schafft Abhilfe

Dabei sind sich die Experten einig, dass individualisierte Preise für die Unternehmen ein gefährliches Terrain sind. "Die Kunden bekommen es früher oder später mit und es verärgert sie. Verschiedene Preise zum selben Zeitpunkt für dasselbe Produkt verletzten ihr Gefühl für Fairness", meint der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU.

Doch haben die Unternehmen längst einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden. Statt individualisierter Preise gibt es immer öfter individuelle Rabatte, etwa in Form von Gutscheinen, für zögernde Konsumenten. "Gutscheine sind inzwischen ein unfassbar wichtiges Instrument für Online-Händler, weil sie so nicht den Preis senken müssen", hat Oehle beobachtet.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Onlinehandel: Die Euros rollen ins Ausland

Drei Viertel der österreichischen Internetuser kaufen online ein, 82 Prozent davon im Ausland. Die großen Profiteure sind Amazon und Zalando.
MARIAHILFER STRASSE
Home

Mayer-Heinisch: "Handel nähert sich Multiorganversagen"

Die Krise hat auch den stationären Einzelhandel erfasst. Nicht nur Online trägt dazu bei. Auch die Branche selbst hat Erneuerungsbedarf, sagt der Präsident des Handelsverbandes.
International

Klick, Klick, Klick: Chinesen im Online-Kaufrausch

2020 wird in China mehr Geld ausgegeben als in den USA, Japan, Großbritannien, Deutschland und Frankreich zusammen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.