Griechenland: Deutsche Historiker streiten um Schulden

EPA
  • Drucken

Über die deutschen Kriegsschulden sind sich die Geschgichtsforscher uneins. gegenüber Griechenland ist eine Diskussion unter Historikern entbrannt.

Griechenland fordert seit geraumer Zeit eine Rückzahlungen einer Anleihe, die die Nationalsozialisten den Griechen 1942 aufgezwungen haben. Immer wieder wird dieses Thema auch in Schuldendebatte über Hellas eingebracht. Demnach soll Deutschland Griechenland 476 Millionen Reichsmark schulden, das wären umgerechnet auf den heutigen Wert in etwa elf Milliarden Euro. Der deutsch-griechische Historiker Hagen Fleischer hält die Forderungen für berechtigt. Er beruft sich dabei auf einen 251 Seiten starken Schlussbericht, den deutsche Finanzbeamte 1945 fertig gestellt haben. Für Fleischer handelt es sich bei der Schuld um eine "Zwangsanleihe".

Dem widerspricht der Historiker Götz Aly mit einem Beitrag in der "Berliner Zeitung" im Februar. Er meint, Fleischer berufe sich nur auf eine einzige Quelle und dies sei als Beweis für diese Schuld zu wenig. Die Griechen hätten den Betrag auch nicht als Zwangsanleihe gtesehen, sondern als eine Art verrechnungsschuld. Zudem interpretiere Fleischer den Bericht einseitig, in dem er unter anderem einen Überschuss bei den deutschen Einfuhren von 300 Millionen Reichsmark nicht berücksichtigt hätte. Also müsste Deutschland lediglich knapp vier Milliarden Euro zahlen. Auch der Historiker Günter Hockert beziffert die deutsche Schuld aus der Zwangsanleihe mit fünf Milliarden Euro.

Rückzahlungen nie geklärt

Die Rechenbeispiele der Historiker zeigen, dass die Forderungen Griechenlands gegenüber Deutschland nicht so einfach auszurechnen seien. Das auch, weil die Archivierung in Athen desolat sei und man vermutlich nicht ausreichend Belege finden würde.

Mit der Frage wie viel Deutschland schuldet, ist es allerdings noch nicht getan. Da gibt es noch rechtliche Fragen zu klären. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es keinen Friedensvertrag mit eindeutigen Reparationszahlungen.  Die Besatzungsmächte beschränkten sich darauf, ihre Forderungen in den jeweiligen Besatzungszonen zu befriedigen. Mit Griechenland gab es keine gesonderten Vereinbarungen, genausowenig wie mit den übrigen Ländern, die die Nazis besetzt hatten. Erst später in den 1960iger-Jahren schloss die deutsche Bundesrepublik ein Globalabkommen mit diesen Ländern. Damals flossen 115 Millionen D-Mark nach Griechenland.

Deutschland weist Ansprüche zurück

Die deutsche Bundesregierung weist auf jeden Fall die griechischen Ansprüche zurück und beruft sich dabei auf den 1990 geschlossenen "Zwei+Vier-Vertrag", der die deutsche Einigung manifestierte. Dieser beinhaltet eine abschließende Regelung, mit der das Thema Reparationen als erledigt erklärt wurde. Viele Staaten, auch Griechenland, stimmten dem zu. Allerdings mündete diese Regelung nie in einen völkerrechtlichen Vertrag und damit ist die Frage der deutschen Kriegsschulden bei den Griechen auch nicht auf formaler Ebene geregelt.

Fest steht auf jeden Fall eines: Im zweiten Weltkrieg richteten die Nazis Schäden an, die mit keinem Geld der Welt wieder gutzumachen sind. Insgesamt war es in den letzten Jahren eher ruhig um die Debatte über Reparationszahlungen geworden. Daher ist es interessant, dass Griechenland ausgerechnet jetzt im Zuge der Schuldenkrise auf Gerechtigkeit pocht.

(red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.