"Blockupy"-Demo: Chaostag in Frankfurt

Rauchschwaden über der Skyline von Frankfurt.
Rauchschwaden über der Skyline von Frankfurt.(c) Reuters
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Brennende Polizeiautos und Steinwürfe überschatten in Frankfurt die Eröffnung der neuen EZB-Zentrale. Mindestens 91 Beamte sind nach Angaben der Polizei verletzt worden.

Bei den Protesten des kapitalismuskritischen Aktionsbündnisses Blockupy zur offiziellen Eröffnung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main ist es am Mittwoch zu schweren Ausschreitungen gekommen. Bei den Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei wurden mindestens 200 Menschen verletzt.

Mindestens 91 Beamte seien durch Steinwürfe und Reizgas verletzt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch. Anlass für die Proteste, die schon am Morgen in Gewalt umschlugen, war die Eröffnung des Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke gegen Randalierer ein und nahm 15 Personen fest. Im Tagesverlauf waren weitere Demonstrationen und Kundgebungen mit mindestens 10.000 Teilnehmern geplant.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere hat die Ausschreitungen verurteilt. "Alle, die sich hier missbräuchlich auf Freiheitsrechte berufen, müssen mit der vollen Härte des Rechtsstaats rechnen", sagte de Maiziere am Mittwoch. "Das Ausmaß der Gewalt spricht dafür, dass solche Aktionen seit langem geplant waren."

Pflastersteine flogen

Während drinnen bei einer Feier in kleinem Rahmen Reden gehalten wurden, standen sich am Polizeizaun um die beiden völlig abgeriegelten EZB-Türme starke Polizeikräfte und Demonstranten gegenüber. Seit dem frühen Morgen gab es immer wieder massive gewaltsame Auseinandersetzungen im weiten Umkreis. Der Verkehr kam zum Erliegen, viele Geschäfte waren geschlossen. Am Mittag beruhigte sich die Lage rund um die EZB. In der Stadt strömten Tausende zu einer Kundgebung auf dem Römerberg vor dem Rathaus.

Demonstranten warfen Pflastersteine und Böller gegen Polizisten und Wasserwerfer. Am Morgen gab es kaum eine Straßenkreuzung in dem Stadtteil, an der nicht Mülltonnen, Autoreifen oder Fahrzeuge brannten, darunter Polizeiautos. Nach Angaben der Polizei waren rund 3.000 Demonstranten am Zaun aufgezogen und versuchten, das weiträumig abgesperrte Gelände der EZB zu stürmen, wurden aber von den Beamten gestoppt. Insgesamt waren laut Blockupy etwa 6.000 Aktivisten unterwegs, davon 1.000 aus dem Ausland. Auch vor einem Angriff auf das 1. Polizeirevier schreckten die Randalierer nicht zurück.

15 festgenommene Aktivisten

Rauchschwaden zogen über das Mainufer, in der Luft lag der beißende Geruch von Tränengas. Feuerwehrwagen und Straßenbahnen seien mit Steinen attackiert, die Feuerwehr, die zu dutzenden Einsätzen ausrückte, am Löschen gehindert worden, teilte die Polizei mit. Am Morgen habe mehr als ein halbes Dutzend Polizeiwagen in Flammen gestanden, die Atmosphäre sei "aggressiv" gewesen.

Nach Polizeiangaben wurden bis zum Mittag 91 Polizisten verletzt, einige seien von Steinen am Kopf getroffen worden. Ein Sprecher des Blockupy-Bündnisses berichtete, beim Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken durch die Polizei seien 128 Demonstranten verletzt worden. Den 15 Festgenommenen wird Brandstiftung, schwerer Landfriedensbruch und Widerstand vorgeworfen. Die Polizei setzte insgesamt rund 350 Aktivisten fest, um ihre Personalien festzustellen. Von einem Kessel wollte die Polizei aber nicht sprechen.

Polizei: "Neue Form der Gewalt"

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht in den Ausschreitungen eine neue Dimension der Gewalt. Auch zahlreiche Politiker kritisierten das Verhalten der Demonstranten. Bei einer vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veranstalteten Demonstration mit rund 1.000 Teilnehmern sagte der Frankfurter DGB-Vorsitzende Harald Fiedler: "Das ist total kontraproduktiv, wenn Randale gemacht wird und Polizisten angegriffen werden."

Zur Feier in der EZB mit 100 geladenen Gästen waren ausschließlich Journalisten von Nachrichtenagenturen und dem Hessischen Rundfunk zugelassen. Sie wurden mit Polizeibegleitung in einem Bus über die gesperrte Autobahn zu der Veranstaltung gebracht.

In seiner Rede ging EZB-Präsident Mario Draghi auch auf die Demonstranten und die vielen unzufriedenen Menschen im Euroraum ein, die in den vergangenen Krisenjahren Einkommen und Wohlstand verloren hätten. Als eine Institution der Europäischen Union, die eine zentrale Rolle in der Krise gespielt hat, sei die EZB in den Fokus der Frustrierten geraten, sagte Draghi. "Möglicherweise ist dieser Vorwurf nicht fair. Denn unser Handeln zielte genau darauf ab, die wirtschaftlichen Schocks abzufedern."

Die Grundsteinlegung für den EZBNeubau, indem 4. 300 Tonnen Stahl verbaut wurden, fand am 19. Mai 2010 statt - damals unter Draghis Vorgänger Jean-Claude Trichet. In Betrieb genommen wurde der 185 Meter hohe türkisblau schimmernde Turm, den das Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au entworfen hatte, im vergangenen Jahr.

(APA/AFP/Reuters)

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