Deutschland: Weltmeister im Außenhandel

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Deutschland erzielte 2014 einen Exportüberschuss in Rekordhöhe. Wenn nun auch noch die Kreditvergabe anspringt, beginnt Inflation.

Wien. In Deutschland brummt nicht nur die Konjunktur insgesamt. Im Detail hat sich auch der Außenhandel im Vorjahr so positiv entwickelt wie noch nie in der Geschichte von Europas größter Volkswirtschaft. Konkret betrug der Exportüberschuss 216,9 Mrd. Euro, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. „Der bisherige Höchstwert von 195,3 Mrd. Euro im Jahr 2007 wurde damit deutlich übertroffen“, erklärten die Statistiker. 2013 hatte der Überschuss noch bei 195 Mrd. Euro gelegen.

Die deutschen Unternehmen exportierten im vergangenen Jahr Waren im Wert von 1133,5 Mrd. Euro und damit so viel wie nie zuvor. Gleichzeitig wurden Waren im Wert von 916,6 Mrd. Euro importiert. Die Differenz beider Zahlen ist der Exportüberschuss.

Zum Vergleich: Österreich erzielte 2014 nach vorläufigen Zahlen ein Handelsbilanzdefizit, das sich gegenüber 2013 aber immerhin auf 1,83 Mrd. Euro halbiert hat.
Was Deutschland betrifft, so kommt es nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts weltweit auf den mit Abstand höchsten Überschuss. Die Leistungsbilanz wies demnach 2014 ein Plus von 285 Mrd. Dollar (264,5 Mrd. Euro) auf. Auf Platz zwei kommt die weltgrößte Handelsnation China (150 Mrd. Dollar), gefolgt vom Ölexporteur Saudiarabien (100 Mrd. Dollar). In die Leistungsbilanz fließen neben dem Warenaustausch auch alle anderen Transfers mit dem Ausland ein – von Dienstleistungen bis zur Entwicklungshilfe.

Boom bringt Inflation

Der deutsche Überschuss entspricht etwa 7,4 Prozent des BIPs. Die EU-Kommission stuft Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent als stabilitätsgefährdend ein. Da Deutschland seit Jahren über dieser Grenze liegt und dies nach Prognose großer Forschungsinstitute auch in den kommenden Jahren so bleiben dürfte, wurde Berlin von Brüssel gerügt. Gleichzeitig wird empfohlen, mehr zu investieren und so die Nachfrage im Inland zu stärken.

Die gute Konjunktur wird Deutschland indes schon bald eine größere Inflation bescheren. Nach Prognose des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) dürften die momentan stagnierenden Verbraucherpreise in den kommenden Jahren merklich anziehen und 2019 um fast drei Prozent steigen, sagten die Kieler Forscher am Montag voraus.

2016 dürfte die Inflation 1,5 Prozent betragen. Die Kieler Experten sehen angesichts der extrem lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank große Gefahren. „Das mit einem Boom einhergehende Risiko ist für Deutschland derzeit besonders ausgeprägt, da das anhaltende Niedrigzinsumfeld die Fehlverwendung von Kapital zunehmend wahrscheinlich macht.“

Damit einher gingen im Übrigen auch eine steigende Nachfrage nach Arbeitskräften und somit höhere Löhne, so IfW-Experte Stefan Kooths. Bis 2019 werde die Arbeitslosenquote auf fünf Prozent fallen. Derzeit sind es rund sieben Prozent. (ag./est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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