Rohstoffe: Der kurze Ölboom

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Das militärische Eingreifen Saudiarabiens im Jemen hat die Ölpreise nach oben gedrückt. Der Trend hielt aber nur kurz an.

Frankfurt/Wien. Die „Rückkehr der Geopolitik“ kann sich an den Börsen manchmal an nur einem Tag abspielen – oder binnen weniger Stunden. So geschehen am Mittwochabend und am Donnerstag, als eine von Saudiarabien angeführte Koalition militärisch in den Jemen-Konflikt eingriff. Der Ölpreis, der sich seit 2014 halbiert hat, ist am Mittwochabend deutlich in die Höhe gesprungen. Nordseeöl der Sorte Brent verteuerte sich in der Spitze um 5,8 Prozent auf 59,78 Dollar je Barrel (159 Liter).

Am Donnerstagmorgen ging der Anstieg weiter, der Ölpreis stieg um bis zu sechs Prozent. Aber schon am frühen Nachmittag war die erste Aufregung vorbei, und der Preis begann wieder zu sinken. Selbiges galt für die „Krisenwährungen“ Gold und Silber, die ebenfalls zuerst in die Höhe schossen, nur um später zu konsolidieren.

Dennoch gilt: Es gibt zumindest vorübergehend einen neuen Fokus für den Ölmarkt. Der Jemen ist laut Commerzbank zwar als Ölproduzent mit einer schrumpfenden Förderung von zuletzt nur noch 100.000 Barrel pro Tag eher unbedeutend. Aber seine geografische Lage sei von hoher Relevanz, da die Meerenge Bab el-Manded laut US-Energiebehörde (EIA) ein entscheidender Knotenpunkt für den Öltransport sei. Die Tanker der arabischen Ölproduzenten passieren auf dem Weg zum Sueskanal den Golf von Aden entlang der jemenitischen Küste. Nach EIA-Schätzungen von 2013 transportieren sie auf dieser Strecke täglich 3,8 Millionen Fässer mit Rohöl.

„Geopolitische Risken wie diese sind zuletzt ausgeblendet worden, da sich die Marktteilnehmer auf das globale Überangebot fokussiert haben“, erklärte Ole Hansen, Rohstoffanalyst bei der Saxo Bank. Doch mit dem Eingreifen der Nachbarländer unter saudiarabischer Führung sei die Weltpolitik schlagartig wieder in den Fokus gerückt – zumindest kurzfristig, fügte Commerzbank-Analystin Barbara Lambrecht hinzu. Der unverändert hohe Bestand an Öl in den USA dürfte die Preise aber bald wieder drücken.

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Der US-Schieferölboom hat trotz des Rückgangs von Bohrungen in diesem Jahr zu einem enormen Anstieg der Ölbestände in den USA geführt. Seit Wochen steigen diese auf immer neue Rekordhöhen. Erst in der vergangenen Woche hatten die Bestände zudem mit über acht Millionen Barrel so stark zugenommen wie seit mindestens 80 Jahren nicht mehr. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2015)

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