Euroverfall macht Kleidung teurer

Baumwolle aus Asien
Baumwolle aus Asien(c) EPA (Michael Reynolds)
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Der weiche Euro wird zum harten Los für Shopper. Er verteuert schon jetzt Baumwolle und Textilimporte aus Asien massiv. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Handel reagieren muss.

Wien. „Kaufen Sie jetzt, denn bald schon werden Mode und Schuhe teurer!“: Es wäre der einfachste und beste Weg, um Käufer in die Warenhäuser und Boutiquen zu locken. Aber die großen Händler billiger Mode hüten sich davor, mit einer solchen Botschaft ihr Image in Gefahr zu bringen. Hinter vorgehaltener Hand aber geben es Insider der Branche gern zu: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Endkunden beim Blick auf den Preiszettel Augen machen werden.

Der Grund dafür ist allein die anhaltende Schwäche des Euro. Sie macht in Dollar notierte Rohstoffe und Einfuhren von außerhalb der Eurozone teurer. Besonders stark betroffen sind Textilien. Dabei ist der Preis der Baumwolle gerade eher niedrig und stabil – die Lagerstände sind groß, die Anbaufläche weitet sich aus, es gibt sogar Überkapazitäten. Aber der Verfall der Einheitswährung sorgt dafür, dass der großteils in Dollar notierte Rohstoff die Europäer nun um 20 Prozent teurer zu stehen kommt als noch vor wenigen Monaten.

Einkauf um 15Prozent teurer

Zudem findet die Konfektion von Textilien heute zum größten Teil im Fernen Osten statt. Die wichtigsten Herkunftsländer sind China, Bangladesch, Indien und Vietnam. Die Lieferanten fakturieren in Dollar oder in ihrer Landeswährung, die an den Dollar gebunden ist. Ein österreichischer Anbieter von Berufsbekleidung, der in Asien produzieren lässt, rechnet vor: Ein wenig lässt sich der Kursschock von 20Prozent ausgleichen, weil es gegenläufige Effekte gibt. So sind die Frachtkosten deutlich gesunken, und auch Energie ist günstig. Es bleiben aber in Summe rund 15 Prozent höhere Einstandspreise.

Für große Billigketten wie H&M, Zara, Mango, C&A oder Kik, die direkt von Herstellern beziehen und in eigenen Läden verkaufen, macht dieser Einkaufswert knapp die Hälfte der Kalkulation aus. Um ihre prozentuelle Spanne zu halten, müssten sie die Verkaufspreise also um rund sieben Prozent erhöhen. Bleibt die Frage des Zeitpunkts. Kleinere Importeure und Detailhändler spüren die gestiegenen Preise schon jetzt oder spätestens beim Einkauf der Herbstkollektion im Juni. Aber große Händler und europäische Modemarken mit Herstellung in Asien haben sich gegen Kursschwankungen oft auf bis zu ein Jahr abgesichert. Dieses Hedging wird seit dem starken Euro-Einbruch im November nicht mehr auf alter Basis verlängert, weil die Kosten dafür zu hoch wären. Es kann also noch bis zum heurigen Herbst dauern, bis der Kursverfall beim Einkauf voll durchschlägt (zum Teil tut er das schon früher, weil nicht der gesamte Einkaufswert abgesichert ist).

Selbst dann können die Branchenriesen noch eine Zeit lang mit niedrigeren Margen durchtauchen. So hat es etwa H&M schon früher in Phasen eines hohen Baumwollpreises getan. Da sich die Konkurrenz misstrauisch beäugt, dürfte der Preisschub spät, dann aber rasch auf breiter Front eintreten. Als Zeitpunkt bieten sich der klassische Kollektionswechsel im Juli/August oder Jänner/Februar an, wenn ohnehin alles neu wirkt und die Kunden nur schwer mit früheren Preisen vergleichen können.

EZB setzt auf Inflationsimport

Bei edler Kleidung aus edlen Geschäften werden sich die gestiegenen Herstellkosten prozentuell wenig bemerkbar machen. Hier liegt der Schwerpunkt der Kalkulation auf Marketing und Vertrieb. Bei billiger Kleidung könnte es drei Schübe geben: bei Großhändlern, die Dollar-Ware auf Lager haben, ab sofort. Bei kleineren Herstellern und Detailhändlern im Sommer. Und bei den großen Billigketten im nächsten Winter.

Vorausgesetzt, der Euro bleibt so schwach. Davon ist nach heutigem Stand freilich auszugehen. Die Analysten unterbieten sich sogar in ihren Prognosen eines weiteren Euroverfalls, auf bis zu 0,80 Dollar. Der EZB ist die solcherart „importierte Inflation“ nur recht. Mario Draghi und sein Rat der Notenbanker setzen mit ihrer unkonventionellen Geldpolitik bewusst auf einen schwachen Euro – und damit auch auf steigende Importpreise. Diese sollen die geringen Teuerungsraten in die Höhe treiben und die gefürchtete Deflation fernhalten. Also besser heute Mode kaufen als erst morgen!

AUF EINEN BLICK

Der schwache Euro verteuert den Import von Rohstoffen und Waren aus Asien. Denn sie werden meist in Dollar oder einer an den Dollar gebundenen Landeswährung fakturiert. Stark betroffen ist vor allem die Modebranche: Ihre Materialbasis ist Baumwolle, und sie produziert meist im Fernen Osten. Der Kursverfall hat die Einkaufspreise schon um rund 15Prozent erhöht. Große Modeketten sind aber noch für einige Zeit durch Dollar-Hedging abgesichert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2015)

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