USA isolieren sich: China mischt die Weltordnung auf

File photo of China´s President Xi waiting to greet Cuba´s First Vice President of the Council of State Diaz-Canel in Beijing
File photo of China´s President Xi waiting to greet Cuba´s First Vice President of the Council of State Diaz-Canel in Beijing(c) REUTERS (POOL)
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Die Staaten stehen Schlange, um bei Chinas neuer Entwicklungsbank mitzumachen. Mindestens 44 Nationen sollen dabei sein.

Wien. Die Welt hat eine neue Abkürzung: AIIB. Die Asiatische Infrastruktur-Bank, vor zwei Jahren vom chinesischen Präsidenten, Xi Jinping, vorgeschlagen, hat sich für China zu einem erstaunlichen Erfolg entwickelt. Wenn Dienstag die Deadline für die Anmeldung zu dieser neuen Kreditinstitution ausläuft, werden mindestens 44 Nationen dabei sein – möglicherweise sogar mehr, wenn noch ein paar Spätentschlossene dazukommen.

In den vergangenen zwei Wochen ist ein regelrechter Wettlauf der Nationen um die AIIB-Mitgliedschaft entstanden. Am Wochenende haben sich Russland, die Niederlande und Australien angemeldet. Österreich verhandelt seit der Ministerratssitzung am vergangenen Dienstag um einen Platz am Tisch der Gründungsmitglieder.

Die Schweiz, Großbritannien und Saudiarabien waren noch flotter. Ihren Ansuchen wurde bereits stattgegeben – sie gelten fix als Gründungsmitglieder der AIIB. Die Entscheidung Großbritanniens, sich gegen den ausdrücklichen Willen seiner US-Verbündeten an Chinas Projekt zu beteiligen, hatte eine Kettenreaktion ausgelöst: Frankreich, Deutschland und Italien sind den Briten sofort gefolgt.

Es ist noch nicht einmal auszuschließen, dass mit Kanada und Japan auch die treuesten US-Verbündeten eine Last-Minute-Anmeldung abgeben werden. Sich von China zu isolieren, ist für Länder mit wirtschaftlichen Interessen in Asien gefährlich. Südkorea meldete sich am Montag noch rasch an. Indonesien hat den Beitritt bei der sino-indonesischen Wirtschaftskonferenz vergangene Woche bekannt gegeben – unter dem Titel: „Win-Win-Cooperation“. Es geht bei der AIIB nämlich um mehr als nur um Geld: „Wir müssen gemeinsam eine regionale Ordnung schaffen, die besser zu Asien und zum Rest der Welt passt“, sagte Chinas Präsident, Xi Jinping, am Samstag.

Erst recht keine IWF-Reform?

Die neue Bank soll 50 bis 100 Mrd. Dollar Kapital haben – wobei China bereit wäre, die ersten 50 Mrd. selbst einzuzahlen. Die Struktur der Bank muss erst verhandelt werden. In jedem Fall scheint sich Washington durch seinen kompromisslosen Widerstand total isoliert zu haben und fährt eine Strategie, die laut „Economist“ „prinzipiell falsch ist – und praktisch versagt hat“. Schon seit 2010 gibt es einen Beschluss zur Reform der bestehenden internationalen Finanzarchitektur, die vor allem aus Weltbank und Internationalem Währungsfonds besteht. Dazu kommt die Asian Development Bank ADN, die in Form Japans auch der Westen kontrolliert. Alle Reformen dieser Institutionen zugunsten Asiens werden von den USA seit fünf Jahren blockiert.

Die Entstehung der AIIB ist deswegen auch ein Zeichen dafür, dass China die Geduld ausgeht. Peking sieht das aktuelle, von den USA und dem US-Dollar dominierte Finanzsystem als nicht mehr zeitgemäß – hat aber selbst riesige Dollar-Reserven, die man investieren möchte. Die Notwendigkeit ist groß: Der ADN zufolge müssten in den kommenden Jahren bis zu acht Billionen Dollar in asiatische Infrastruktur investiert werden, um den Kontinent zu modernisieren.

IWF-Chefin Christine Lagarde zeigte sich sogar erleichtert ob der neuen „Partner“ in Asien – darf sie doch nun darauf hoffen, dass Bewegung in die Reform des IWF kommt. Allerdings könnten die USA eine solche jetzt erst recht blockieren, um zumindest in den alten Institutionen die Kontrolle zu behalten. Was ebenfalls dagegen spricht: Die USA wurden zu einer Teilnahme bei der AIIB eingeladen und haben abgelehnt. Wenn Washington eine echte Reform von Weltbank und IWF im Auge hätte, würde eine Beteiligung an Chinas neuer Bank aber Sinn ergeben, um den eigenen Einfluss zu maximieren. Denn freilich enden Chinas Pläne für eine neue Finanzordnung nicht in Asien.

Bald soll auch die ADN, die New Development Bank der BRICS-Allianz aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gegründet werden, deren Einsatzbereich dann wirklich global wäre. Aber zuerst werden bis Jahresende mit den bis dahin angemeldeten Gründungsmitgliedern die Statuten der AIIB festgelegt. Dabei wird auch die Welt ein Stück weit neu geordnet. Ohne die sich selbst isolierenden USA. Aber auch ohne Nordkorea, dessen Anmeldung von China abgelehnt wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2015)

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