4,4 Prozent: Wo sich die Inflation versteckt

APA/EPA/FRANK RUMPENHORST
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Bislang glaubte man, mit viel frischem Geld die Märkte ankurbeln zu können, um die Konsumentenpreise steigen zu lassen. Doch die vergangenen Jahre beweisen das Gegenteil.

Eine Inflationsgefahr bestehe in Österreich und Deutschland nicht, beruhigte Ende 2012 Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), die Bürger. Und er behielt Recht. Andere Wirtschaftsforscher wie Lüder Gerken, Chef des Freiburger Centrums für Europäische Politk, warnten nach der Finanzkrise vor einer baldigen Explosion der Verbraucherpreise. In der Theorie der Ökonomie sollte es auch so kommen, denn die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank war so locker wie noch nie. Viel Geld wird in die Märkte gepumpt, die Nachfrage übersteigt das Angebot und die Preise schießen nach oben, heißt es im Lehrbuch.

Doch es kam anders. Auch wenn Österreich beim harmonisierten Verbraucherpreisindex über dem EU-Durchschnitt - Laut Eurostat 0,1 Prozent für März 2105 - liegt, die von der EZB angestrebte Marke von knapp zwei Prozent ist auch wegen des billigen Erdöls noch weit entfernt. Der Konsum ist nicht eingebrochen. Also liegt die Annahme nahe, dass die Geldpolitik der EZB doch nicht so preistreibend und gefährlich war, wie mancherorts angenommen. EZB-Chef Mario Draghi hat daher die Schleusen nochmals geöffnet und lässt seit März 2015 für eineinhalb Jahre Staatsanleihen in hohem Ausmaß aufkaufen. Mit monatlich 60 Milliarden Euro soll die Kreditvergabe angekurbelt und ein weiters Abrutschen in die Deflation verhindert werden.

Neuen Index entwickelt

Aber die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass die direkten Interventionen der Zentralbanken sehr wohl die Preise für Vermögenswerte treiben, aber nicht die Teuerung für die Dinge des Alltagsbedarfs wie gewünscht steigen lassen. Sondern heute werden Immobilien und Kunstgegenstände  teurer, die Aktienkurse an fast allen größen Börse der Welt erreichen Höchstkurse. Dazu kommt, dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) die Theorie, wonach die Deflation so etwas wie der Super-Gau einer Volkswirtschaft ist, weil die Verbraucher bei fallenden Preisen auf noch tiefere lauern und deswegen zurückhaltend konsumieren, mit einer Studie deutlich abgeschwächt. Die Auswirkungen von auf breiter Front fallenden Verbraucherpreisen auf das Wirtschaftswachstum  seien meist schwach, so das BIZ.

In Deutschland wurde nun ein Vermögensinflationsindex entwickelt, da es eine verlässliche Übersicht über die Teuerung der Vermögenspreis bislang nicht gibt. Denn das Statistische Bundesamt beschränkt sich bei den monatlichen Zahlen auf eine Messung der Verbraucherpreise, wie die Statstik Austria für Österreich. „Dass die Inflation der Vermögenspreise ein eigenständiger Faktor sein kann, der die Wirtschaft bewegt, diese These ist erst nach der Finanzkrise aufgekommen“, sagt Thomas Mayer, Direktor des Kölner "Flossbach von Storch Research Institute" im "Handelsblatt" zitiert.

Vermögende im Vorteil

Der Zeitung zufolge ergeben die ersten Zahlen der Statistik, die man in Zukunft quartalsweise vorlegen will, eine kräftige Inflation der Vermögenspreise. Im Gegensatz zu fast stagnierenden Verbraucherpreisen haben sich die Vermögenspreise im vierten Quartal 2014 um satte 4,4 Prozent erhöht.

Wer bereits Vermögen besitzt, hat Vorteile. Denn ohne sein Zutun steigt das Vermögen im Wert. Er kann sich mehr leisten, im Tausch für Vermögenswerte kann er mehr Konsumgüter bekommen. Für alle, die mit dem Vermögensaufbau erst starten wollen, ist die Entwicklung unerfreulich. Um ein Haus anzuschaffen, muss ein Durchschnittsverdiener länger arbeiten als früher.

Volkswirtschaftler Mayer sieht diese Entwicklung recht kritisch. Aufgrund der anziehenden Konjunktur seien gewisse Preissteigerungen verständlich, doch ein derat hoher Anstieg sei ein unschöne Konsequenz der EZB-Politik, immer mehr Geld in den Markt zu pumpen. Deshalb müsse man den bisher geübten Blick einzig auf die Konsumentenpreise heutzutage in Zweifel ziehen.

(red./herbas)

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