Ex-Finanzminister: "Russland ist fast dem Untergang geweiht"

Russia's former Finance Minister Alexei Kudrin attends the Gaidar Forum 2015 'Russia and the World: New Dimensions' in Moscow
Russia's former Finance Minister Alexei Kudrin attends the Gaidar Forum 2015 'Russia and the World: New Dimensions' in MoscowREUTERS
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Der Ökonom und Ex-Finanzminister Alexej Kudrin befürchtet Kosten von 150 bis 200 Milliarden Euro durch die Krim-Annexion.

Die Annexion der Krim kommt Russland nach Einschätzung des früheren Finanzministers Alexej Kudrin teuer zu stehen. Die Krim zu finanzieren, koste das Land etwa sechs bis sieben Milliarden Dollar (5,5 bis 6,5 Milliarden Euro) pro Jahr, sagte Kudrin am Dienstag vor Journalisten. Hinzu kämen aber noch indirekte Kosten wie Verluste durch Kapitalflucht oder den Vertrauensverlust bei Investoren.

Sie könnten sich in den nächsten drei bis vier Jahren auf 150 bis 200 Milliarden Dollar summieren. "Das ist der Preis." Die Annexion der Krim vor etwa einem Jahr und Moskaus Unterstützung der Separatisten im Osten der Ukraine haben die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen auf eine harte Probe gestellt. Die Europäische Union und die USA verhängten Sanktionen gegen Russland. Moskau wiederum reagierte mit einem Importverbot für westliche Lebensmittel. Die Folgen der Ukraine-Krise und der Verfall des Rubels haben Russland inzwischen in eine Wirtschaftskrise gestürzt.

Ende der Krise noch lange nicht in Sicht

Für Ex-Finanzminister Kudrin, der wegen seines Rufs als angesehener Ökonom angeblich auch bei Präsident Wladimir Putin Gehör findet, ist ein Ende der Krise noch lange nicht in Sicht. "Wir sind fast dem Untergang geweiht", sagte er. "Das ist die schwerste Herausforderung, der sich der Präsident gegenübersieht." Kudrin forderte Putin auf, seine Beliebtheitswerte zu nutzen, um Reformen durchzusetzen. Für Putin jährt sich in diesem Jahr zum 15. Mal seine erste Wahl zum Präsidenten Russlands.

Die Regierung in Moskau gibt sich unterdessen optimistische in ihrer Konjunktureinschätzung. Der Kreml erwartet nach einem Durchhänger im Jahr 2016 wieder ein klares Wirtschaftswachstum. Wirtschaftsminister Alexei Uljukajew prognostizierte für 2015 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um drei Prozent und für das Jahr darauf ein Plus von deutlich über zwei Prozent.

Weltbank warnt vor langer Rezession

Nach Einschätzung der Weltbank hingegen kommt auf Russland eine langwierige Rezession zu. Die Konjunkturaussichten hätten sich wegen der Sanktionen des Westens und des Ölpreisverfalls deutlich eingetrübt, hieß es in einem am Mittwoch vorgelegten Bericht des Instituts.

Darin wird für heuer einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,8 (Dezember-Prognose: minus 0,7) Prozent und für 2016 ein Minus von 0,3 (plus 0,3) Prozent vorausgesagt. Die mittelfristigen Wachstumsperspektiven werden als düster beschrieben. "Die hauptsächliche Herausforderung für Russland ist der anhaltende Mangel an Investitionen", erläuterte Weltbank-Expertin Birgit Hansl.

Ölpreis dürfte sich nur langsam erholen

Russland bezieht einen großen Teil seiner staatlichen Einnahmen aus dem Öl-Export. Die Prognosen der Bank beruhen auf der Annahme, dass sich der Ölpreis in den kommenden zwei Jahren allenfalls geringfügig erholen wird. Im unwahrscheinlicheren Falle eines deutlichen Anstiegs würde die Rezession 2015 entsprechend schwächer ausfallen, geht aus dem Bericht hervor. Die im Zuge der Ukraine-Krise gegen Russland verhängten Sanktionen dürften demnach noch bis 2016 in Kraft bleiben. Selbst nach einer Aufhebung könnten sie auf längere Sicht schädliche Folgen nach sich ziehen, warnte die Weltbank.

(APA/AFP)

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