Banken: Mit null Zinsen zum Erfolg

Banco Santander SA Chairman Ana Botin Attends Annual Earnings News Conference
Banco Santander SA Chairman Ana Botin Attends Annual Earnings News Conference(c) Bloomberg (Angel Navarrete)
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Die Santander Consumer Bank hält bei Ratenkäufen fast ein Monopol. Das ertragsarme Massengeschäft dient dem Marktaufbau.

Wien. Nicht alles, was man gern hätte, kann man sich auch leisten. Schmerzlich bewusst wird das vielen in Elektronikmärkten und Möbelhäusern. Mit großen Augen und kleinem Portemonnaie stehen die verhinderten Konsumenten vor Flat-Screens und Sofas. Doch hilfreiche Verkäufer haben die Lösung parat: einen Kauf auf Raten. Wenn sie dafür noch „null Prozent Zinsen“ versprechen, klingt das freilich nach einer Falle. Auch wenn auf dem Formular das Logo einer namhaften Bank prangt, kommt es so manchem spanisch vor.

Aus gutem Grund: Hinter diesen Krediten steht die Santander Consumer Bank. Sie ist die winzige Österreich-Tochter von Banco Santander, der größten Bankengruppe der Eurozone mit Sitz in Spanien. In seiner Nische hat der alpine Ableger fast ein Monopol: Er wickelt über 95 Prozent aller Teilzahlungen für Elektronik, Möbel und in Baumärkten ab (der Rest geht an die hauseigene Finanzierung bei Ikea). Ein mühsames Geschäft der kleinen Fische: 135.000 Neuverträge pro Jahr, im Schnitt für einen Betrag von 1100 Euro. Dabei ist jeder einzelne Interessent auf seine Bonität zu prüfen; ein Fünftel aller Anträge werden abgelehnt. Und das, in 80 Prozent der Fälle, für null Prozent Zinsen, also nichts?

Das Misstrauen war früher berechtigt. 2009 hatte Santander das Österreich-Geschäft von GE Capital übernommen. Darauf folgte ein Sanierungsprogramm, kräftiges Wachstum – und Klagen der Konsumentenschützer. Der OGH entschied im Vorjahr: Das Kleingedruckte, das zu einer Ausfallsversicherung von zehn Prozent verpflichtet, darf beim ausgewiesenen Effektivzins nicht unterschlagen werden. Seitdem gilt bei Santander: Wo null Prozent draufsteht, sind null Prozent drin. Wie kann die Bank dann etwas verdienen?

Die Nullverzinsung gibt es zwar bei der großen Menge der kleinen Beträge. Aber bei höherem Preis sind sehr wohl Zinsen zu zahlen. Im Schnitt liegt der Effektivzins bei 7,7 Prozent, verriet Österreich-Chef Olaf Peter Poenisch bei einem Mediengespräch. Dennoch liefert dieses Massengeschäft, für das man Santander hierzulande kennt, nur ein Zehntel des Gewinns, der 2013 bei 42 Mio. Euro lag (Zahlen für das Vorjahr liegen noch nicht vor). Ein Fünftel kommt aus dem Auto-Leasing, der ganze Rest aus dem zarten Pflänzchen des klassischen Privatkundengeschäfts: Barkrediten und Kreditkarten.

Fuß fassen ohne Werbung

Der Handel treibt der Bank also nur potenzielle Kunden zu (wofür Santander die großen Ketten sogar bezahlt). Das erlaubt dem Geldhaus auch im überbesetzten heimischen Bankenmarkt einen Marken- und Marktaufbau – ohne dass die Spanier dafür Werbemillionen in die Hand nehmen müssten. Noch etwas macht das Institut zu einem Exoten: Eine „normale“ Bank muss den Großteil ihrer Kredite durch Einlagen decken. Santander Österreich aber bietet Sparprodukte erst seit Ende 2013 an. Das Gros der Deckung kommt weiter aus Madrid – der Riese sorgt für den Zwerg.

Für Poenisch sind Teilzahlungen nun ein „salonfähiges“ Geschäft, wie das Leasing für Autos. Aber ist es das wirklich? In Osteuropa verschärfte eine geplatzte Blase aus Ratenkäufen und Konsumkrediten die Krise. Das „ist nicht unser Terrain“, beteuert Poenisch. Weil dort die Bonitätsprüfung und das Inkasso nicht funktionierten, wären die Zinsen „horrend hoch“ gewesen, aber das Risiko noch höher.

Santander habe sich aus der Region schon vor vier Jahren zurückgezogen. Aber verlocken die Angebote nicht auch bei uns Arme dazu, jenes Geld auszugeben, das sie gar nicht haben? Das Santander-Management kontert mit einer Ausfallsrate „im Promillebereich“ und der internen Statistik: Weniger als ein Drittel der Kunden hätten ein Nettoeinkommen unter 1300 Euro. Über ein Fünftel verdiene sogar über 2000 Euro im Monat. Sie müssten nicht auf Raten kaufen. Aber bei null Prozent Zinsen folgen sie laut Poenisch dem Slogan seines wichtigsten Händlerpartners: „Ich bin doch nicht blöd, Mann.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2015)

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