"Dumm": Deutsche Kritik an Athens Reparationsforderung

German Economy Minister Gabriel attends news conference in Berlin
German Economy Minister Gabriel attends news conference in Berlin REUTERS
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Die Griechen fordern fast 280 Mrd. Euro aus der NS-Zeit zurück. Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel kann dem wenig abgewinnen.

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Forderung Griechenlands nach deutschen Reparationszahlungen in Höhe von 278,7 Milliarden Euro zurückgewiesen. "Ich finde es ehrlich gesagt dumm", sagte Gabriel am Dienstag mit Blick auf eine Vermengung der Wiedergutmachungsforderungen mit den Verhandlungen über weitere Finanzhilfen. Beide Dinge hätten nichts miteinander zu tun, seien aber sehr aufgeladen, sagte der deutsche Vizekanzler. Das bringe die Stabilisierung Griechenlands "keinen Millimeter voran."

Die deutsche Regierung sieht Reparationsfragen durch den 2+4-Vertrag zur deutschen Einheit juristisch als erledigt an - Griechenland pocht hingegen seit langem auf Entschädigungen für die Besatzungszeit und NS-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Zugleich gebe es natürlich die moralische Verantwortung, sagte Gabriel. Es dürfe keinen Schlussstrich geben.

Es gebe heute auch ein Stück weit eine ökonomische Verantwortung. "Das hat auch etwas mit Fairness zu tun", betonte Gabriel. "Wir müssen verdammt viel Respekt davor haben, was die Menschen in Griechenland schultern." Sie müssten die Opfer bringen für das Versagen der Eliten: "Sie haben das Land ausgeplündert." Das Land müsse im Euro wieder auf die Beine kommen - "und nicht außerhalb".

Kritik an Moskau-Reise von Tsipras

Kritik gibt es auch einen Tag vor dem geplanten Besuch des griechischen Premierministers Alexis Tsipras beim russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die EU-Kommission äußerte Missfallen an einem Alleingang Griechenlands bei Bemühungen um Aufhebung des russischen Lebensmittel-Importstopps. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, warnte Tsipras vor einer zu starken Nähe zu Russland. Es wäre eine riskante Strategie, wenn Tsipras in der angespannten Lage sein Heil in einer Annäherung an das autokratische System suche, sagte der deutsche Politiker Weber dem "Tagesspiegel". Der für Mittwoch geplante Besuch komme "zur Unzeit".

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici erklärte: „Russland ist keine Alternative für Griechenland. Griechenland hat seinen Platz in der Eurozone", sagte der EU-Kommissar.

Importstopp: "Alle müssen mit einer Stimme sprechen"

Die EU-Kommission erwarte, "dass alle EU-Mitgliedstaaten mit einer Stimme zu ihren Handelspartnern sprechen, einschließlich Russland", sagte ein EU-Kommissionssprecher am Dienstag in Brüssel. Der Kommissionssprecher wollte aber nicht auf mögliche Szenarien eingehen, was passiert, wenn Russland für Griechenland das bestehende Import-Embargo einseitig für Griechenland aufhebe. Das Einfuhrembargo sei "eine politisch motivierte Entscheidung" Russlands, sagte der Sprecher. Russland hatte das Embargo als Antwort auf die von der EU verhängten Wirtschaftssanktionen wegen der Ukraine-Krise verhängt.

Tsipras will laut Medienberichten bei seinem Besuch in Moskau auf günstigere Gaspreise für Griechenland und auf eine Wiederaufnahme griechischer Obst-Exporte nach Russland drängen. Kritiker befürchten, Tsipras könnte Putin außerdem um Notkredite bitten, weil ihm EU, Europäische Zentralbank (EZB) und der Weltwährungsfonds (IWF) zurzeit den Geldhahn zugedreht haben. Nach offiziellen Quellen aus dem Kreml wollten Tsipras und Putin ein breites Spektrum an Fragen erörtern. Die russisch-griechischen Beziehungen sollten nicht allein auf Kredite oder die finanzielle Zusammenarbeit begrenzt werden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

"Griechenland blickt nirgendwo anders hin"

Der griechische Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis wies die Kritik an der Reise von Tsipras zurück. "Es gibt nichts zu tadeln", sagte Sakellaridis im griechischen Fernsehen. "Griechenland blickt nirgendwo anders hin als nach Europa", ergänzte er. Athen wolle aber seine Beziehungen mit Russland und China und anderen Ländern vertiefen. Dies könne sowohl Griechenland als auch diesen Ländern helfen.

(APA)

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