Was der Hypo-U-Ausschuss bringt

HYPO-U-AUSSCHUSS: AKTENRAUM / ENGELJEHRINGER / BURES
HYPO-U-AUSSCHUSS: AKTENRAUM / ENGELJEHRINGER / BURES(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Das vernichtende Urteil der Griss-Kommission zur Notverstaatlichung der Hypo ist erst der Ausgangspunkt. Jetzt geht es nicht mehr um die Frage, ob schlecht verhandelt wurde, sondern, warum.

Wien. Mit der Befragung der Staatskommissäre startet heute, Mittwoch, die parlamentarische Untersuchung der Hypo Alpe Adria, einer Bankpleite, die den Steuerzahler noch etliche Milliarden Euro kosten wird. Mehr als ein Jahr lang werden im Parlament an die 200 Zeugen einvernommen. Sie sollen die Frage klären helfen, welches staatliche Versagen es im Zusammenhang mit dem raschen Aufstieg und dem tiefen Fall der einstigen Kärntner Landesbank gegeben hat. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

1. Nach Griss- und Rechnungshofbericht: Wozu braucht es noch einen U-Ausschuss?

Die Untersuchungskommission unter Vorsitz der früheren OGH-Präsidentin Irmgard Griss hat ebenso wie der Rechnungshof einen vernichtenden Bericht über die Notverstaatlichung der Hypo veröffentlicht. Beides sei aber kein Ersatz für den U-Ausschuss, sagen die Oppositionspolitiker im Ausschuss. Und auch keine Konkurrenz: Sie wollen die beiden Berichte als Grundlage für ihre Untersuchungen nehmen und dort weitermachen, wo weder die Griss-Kommission noch der Rechnungshof mit ihren Mitteln etwas ausrichten konnte: Durch die Befragung der Zeugen sollen die Interessen und die Motivenlage der damals handelnden Personen herausgearbeitet werden.

Das kann dazu führen, dass Fehler in der Konstruktion von Finanzmarkt- und Bankenaufsicht offen zutage treten: Beispielsweise die Schnittstellenproblematik – dass also die eine Stelle durchaus kritische Berichte verfasst, die andere Stelle aber notwendige Konsequenzen daraus nicht zieht. Überprüft werden aber auch mögliche politische Motive: etwa, ob vor 2007 die Kontrollen mit Rücksicht auf Jörg Haider eher lasch waren. Oder ob Finanzminister Josef Pröll bei der Notverstaatlichung mehr die Interessen von Raiffeisen und den Bundesländern als jene der Steuerzahler im Auge hatte.

Der U-Ausschuss hat dafür durchaus geeignete Mittel in der Hand: Erstens umfassende Akteneinsicht, und zweitens müssen die Zeugen unter Wahrheitspflicht aussagen. Und sie wissen, dass es in der Vergangenheit schon etliche Verurteilungen wegen falscher Zeugenaussage vor einem U-Ausschuss gegeben hat.

2. Mit welchen Themen befasst sich der Untersuchungsausschuss?

Untersuchungsausschüsse können sich nur mit dem Handeln der Regierung und staatlicher Behörden befassen, womit zentrale Themen nur am Rand vorkommen – etwa die Haftungen des Landes Kärnten oder kriminelle Machenschaften in der Bank. Der U-Ausschuss will das Thema chronologisch abwickeln. In der ersten Phase geht es um die Jahre 2000 bis 2009, also um die staatliche Aufsicht während des rasanten Wachstums der Hypo und um die Vergabe des staatlichen Partizipationskapitals im Jahr 2008. In der zweiten Phase, die im Juli, spätestens im September, beginnt, steht die Notverstaatlichung auf dem Programm, danach die jahrelange Verschleppung einer Entscheidung, ob die Bank in die Pleite geschickt oder eine Bad Bank errichtet wird.

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3. Welche Konsequenzen kann der Untersuchungsausschuss haben?

Die bisherigen 20 Untersuchungsausschüsse haben verschiedenste Ergebnisse gebracht. Wegen des Lucona-U-Ausschusses mussten der damalige Innenminister, Karl Blecha, und Parlamentspräsident Leopold Gratz zurücktreten. Der Eurofighter-U-Ausschuss brachte Erkenntnisse zu kriminellen Machenschaften, die die Staatsanwaltschaft noch heute beschäftigen. Nach dem Banken-U-Ausschuss wurden Finanzmarkt- und Bankenaufsicht neu organisiert. Es gab aber auch Untersuchungsausschüsse mit weniger bahnbrechenden Erkenntnissen und ohne Konsequenzen. So erwiesen sich Spitzelvorwürfe gegen einzelne Abgeordnete als nicht haltbar. Und oft wurden U-Ausschüsse von der Koalition abgedreht, wenn sie an einem entscheidenden Punkt angelangt waren.

4. Wie wird die Untersuchung unter den neuen Regeln ablaufen?

Ein vorzeitiges Abdrehen des U-Ausschusses wird es nicht mehr geben. Viele Themen, von der Einsetzung über die Zeugenladung bis zur Aktenanforderung, sind Minderheitsrecht. Neu ist auch, dass die Parlamentspräsidentin selbst den U-Ausschuss leitet und dabei einen Verfahrensrichter als Unterstützung zur Seite gestellt bekommt. Auch geschwärzte Akten wird es nicht mehr geben, die Ministerien müssen vollständig liefern.

5. Ist mit den neuen Regeln der Parteienstreit im U-Ausschuss beendet?

Mit Konflikten zwischen Regierungsparteien und Opposition ist weiterhin zu rechnen. Denn trotz der neuen Rechte für die Minderheit gibt es zahlreiche Entscheidungen, die weiterhin der Mehrheit vorbehalten sind. Beispielsweise, wie viele Sitzungstage es überhaupt gibt. Oder auch, ob ein Zeuge noch ein drittes Mal geladen werden darf, was bei etlichen prominenten Zeugen wie den früheren Finanzministern Josef Pröll und Maria Fekter zu einem Streitthema werden könnte.

Weitere Infos:  diepresse.com/hypo

ZEITPLAN

8.4.2015

Die Zeugenbefragungen starten mit den Staatskommissären. Bis zum Sommer geht es um die Zeit vor der Notverstaatlichung der Bank im Jahr 2009.

58 Sitzungen

58 Sitzungstage plus sieben Reservetage sind bis Ende Februar 2016 fix vereinbart. Zusätzliche Verhandlungstage können mit Mehrheitsbeschluss noch eingeschoben werden.

Verlängerung

Die Minderheit kann den U-Ausschuss noch um drei Monate verlängern, die Mehrheit ebenso.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2015)

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