Deutsche Arbeitsagentur entlässt 17.000 Mitarbeiter

30 07 2009 N�rnberg DEU Bundesagentur f�r Arbeit
30 07 2009 N�rnberg DEU Bundesagentur f�r Arbeit(c) imago/Hannelore F�rster (imago stock&people)
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Arbeitsmarkt. Die sinkende Arbeitslosigkeit führt in Deutschland zum Jobabbau bei den Arbeitsvermittlern: 17.000 Stellen werden gestrichen.

Berlin/Wien. Es kommt nicht oft vor, dass eine Meldung über Stellenabbau mit positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in Verbindung gebracht wird. Bei der Deutschen Bundesagentur für Arbeit (BA) ist aber genau das der Fall: Wie aus einem Interview mit BA-Vorstand Heinrich Alt im „Handelsbatt“ hervorgeht, bauen die deutschen Arbeitsagenturen laufend Stellen ab.

Seit 2013 wurden bereits 12.000 Posten gestrichen, bis 2019 sollen weitere 5000 dazukommen. „Die langfristig sinkende Arbeitslosigkeit erlaubt das“, kommentierte Alt trocken. Laut Eurostat hatte Deutschland im Februar mit 4,8 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote der EU (Österreich: 5,3 Prozent). Seit 2009 hat sich die Arbeitslosigkeit von 7,6 Prozent auf fünf Prozent 2014 reduziert, Tendenz weiter sinkend. In Österreich steigt die Arbeitslosigkeit hingegen seit 2012 wieder an.

Verwalten statt vermitteln

Das Potpourri von Gründen, warum in Deutschland das Jobwunder blüht, während die meisten Länder der Eurozone darben, ist bekannt: die Nachwirkungen der selbst verordneter Lohnzurückhaltung und der Hartz-IV-Reform (die frühere Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe wurden zu einer Grundsicherung verschmolzen) sowie die gerade unbeirrt schnurrende deutsche Konjunktur.

Hartz IV mag verstärkte Anreize für Arbeitslose geschaffen haben, sich einen Job zu suchen, statt vom Staat das Existenzminimum ausgezahlt zu bekommen – administrativ schlank ist das System nicht. So gestand der BA-Vorstand im Interview ein, dass in den deutschen Arbeitsagenturen jeder zweite Mitarbeiter ausschließlich mit der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen beschäftigt sei, also Arbeitslosigkeit verwalte, statt Arbeit zu beschaffen. Der Grund sei der „deutsche Hang zur Einzelfallgenauigkeit“, der die Berechnung zu einer komplexen Rechtsmaterie mache, so Alt.

Da mag es nicht überraschen, dass deutsche Arbeitsagenturen und Jobcenter (Letztere sind für alle Hartz-IV-Bezieher zuständig) nur jedem achten Arbeitslosen eine neue Stelle vermitteln. Alt sieht darin aber den Beweis, dass Hartz IV wie geplant zu mehr Selbstständigkeit bei der Jobsuche „motiviere“. Schwer schönzureden ist allerdings die Tatsache, dass 40 Prozent der Hartz-IV-Bezieher, denen ein Job vermittelt wird, diesen schon nach einem halben Jahr wieder los sind. Die Bundesagentur muss sich die Kritik gefallen lassen, die schwer Vermittelbaren nicht nachhaltig zu betreuen. Vom österreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) wird das Thema dauerhafte Vermittlung ebenfalls relativ kulant gehandhabt: „Wer mehr als zwei Monate in einem Job bleibt, gilt als erfolgreich vermittelt“, heißt es dort.

Im Vergleich zu Deutschland schlägt sich Österreich bei der Wiederbeschäftigung von Langzeitarbeitslosen dennoch gut. Der Anteil der Langzeitbeschäftigungslosen (da sind auch jene mit eingerechnet, die während dieser Zeit Schulungen machen) an allen Arbeitssuchenden beträgt in Deutschland 44,7 Prozent, in Österreich 24,3 Prozent.

Das liege daran, dass das AMS schon seit Jahrzehnten Zielvorgaben erfüllen, also eine konkrete Zahl an vermittelten Jobs für Langzeitarbeitslose vorweisen müsse. „In Deutschland gibt es diese Vorgaben erst seit ein paar Jahren. Es ist natürlich schwierig, wenn man sich einen Stock an Langzeitarbeitslosen aufgebaut hat, diesen schnell zu reduzieren“, so eine AMS-Sprecherin. (es)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2015)

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