Studie: Medikamente in Österreich viel zu teuer

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Laut einer für das Gesundheitsministerium erstellten Studie gibt es in der EU bei den Preisen für Medikamente große Unterschiede.

Wien. Die Gesellschaft „Gesundheit Österreich“ hat im Auftrag des Gesundheitsministeriums eine brisante Studie erstellt. Darin wurden die Preise von 30 kostenintensiven Medikamenten (jeweils 15 aus dem stationären und niedergelassenen Bereich) in Österreich und 15 weiteren EU-Ländern verglichen. Herausgekommen ist, dass in Österreich viele Medikamente mehr kosten als in anderen Ländern. Das sind die wichtigsten Ergebnisse:

• In Österreich liegen die offiziellen Listenpreise der 30 untersuchten Arzneimittel (ohne Berücksichtigung der Herstellerrabatte in Deutschland) im Schnitt 48Prozent über dem Preis im Tiefstpreisland und sechs Prozent über dem Durchschnittspreis sowie 23Prozent unter dem Preis im Höchstpreisland.

• Größer sind die Unterschiede, wenn man den Rabatt in Deutschland berücksichtigt. In Deutschland sind die Pharmafirmen gesetzlich verpflichtet, den Krankenkassen bei bestimmten Medikamenten einen Mengenrabatt von sieben Prozent zu gewähren. Berücksichtigt man diesen Rabatt, dann sind die Medikamente in Schweden am teuersten, gefolgt von Dänemark. An dritter Stelle liegt bereits Österreich, gemeinsam mit Deutschland und Großbritannien. Am günstigsten sind die Medikamente in Griechenland.

Differenz bis zu 162Prozent

• Eine Analyse von 15 kostenintensiven Medikamenten im niedergelassenen Bereich hat ergeben, dass die österreichischen Apothekenverkaufspreise netto durchschnittlich 96Prozent über dem Preis im Tiefstpreisland und 30 Prozent über dem Durchschnittspreis sowie zwölf Prozent unter dem Höchstpreisland liegen.

• Besonders hoch sind die Abweichungen bei einzelnen Medikamenten: Die höchste Differenz gab es bei Leuprorelin – das Mittel wird für die Krebstherapie eingesetzt. Der österreichische Preis lag 162 Prozent über dem Preis in Griechenland.

„Gesundheit Österreich“ hat die Studie bereits im November 2014 dem Gesundheitsministerium übermittelt. Trotzdem haben das Ministerium und die Krankenkassen bislang dazu keine Presseaussendung und keine Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Laut „Presse“-Informationen soll die Studie dazu verwendet werden, um bei den Verhandlungen mit der Pharmabranche eine signifikante Reduktion der Preise zu erreichen.

Schließlich werden die österreichischen Krankenkassen nach mehreren positiven Jahren heuer wieder in die roten Zahlen rutschen. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger erwartet für 2015 ein Defizit von 128,9 Millionen Euro. Als Gründe werden nicht nur das schwache Wirtschaftswachstum und die höheren Arbeitslosenzahlen, sondern auch die steigenden Kosten bei Medikamenten genannt.

Pharmafirmen sind verärgert

In der Pharmabranche ist der Ärger über die Studie groß. „Was hier gemacht wurde, ist methodisch nicht haltbar. Da wurden Äpfel mit Birnen verglichen“, sagt Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig, des Interessenverbandes der Pharmaindustrie. „In Österreich sind über 10.000 Medikamente auf dem Markt. Es ist unseriös, wenn man nur 30 herausnimmt“, sagt Huber. Die Pharmig habe laut Huber bei allen relevanten Stellen im Gesundheitsministerium und bei den Krankenkassen deponiert, dass man diese Studie auf keinen Fall heranziehen dürfe. Die Pharmig hat nun eine eigene Studie in Auftrag gegeben. „Darin werden die Preise von allen Medikamenten zwischen Österreich und den anderen EU-Ländern verglichen“, so Huber. Die Studie soll voraussichtlich bis Ende April vorliegen.

Laut Pharmig müsse man bei einem Vergleich auch die Wirtschaftskraft und die Kaufkraft eines Landes berücksichtigen. „Außerdem haben wir in Österreich völlig andere Kostenstrukturen als beispielsweise in Bulgarien und in Rumänien“, so Huber. In Österreich seien die Steuern und Abgaben besonders hoch. Bei der Preiskalkulation müsse auch berücksichtigt werden, wie viel in Österreich der Vertrieb koste. Auch die Kostenstrukturen bei den Apotheken müssten herangezogen werden.

Völlig unzulässig sei laut Huber ein Vergleich mit Griechenland. Denn die Pharmafirmen haben Griechenland im Zuge der Wirtschaftskrise bei wichtigen Medikamenten einen Rabatt von 25Prozent gewährt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2015)

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