"Geringstes Problem": Deutschland mustert Sturmgewehr G36 aus

File photo of German Bundeswehr army soldiers patrolling with G36 assault rifles in Afghanistan
File photo of German Bundeswehr army soldiers patrolling with G36 assault rifles in AfghanistanREUTERS
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Die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen will das umstrittene Sturmgewehr G36 ausmustern. Zu Recht? Einen dankbaren Abnehmer für die 180.000 Waffen würde es jedenfalls geben.

Hat das Sturmgewehr G36, das die deutsche Bundeswehr seit langem benutzt, ein Präzisionsproblem? Ein Prüfbericht des deutschen Verteidigungsministeriums ortete mangelnde Treffgenauigkeit bei hohen Temperaturen und im heiß geschossenen Zustand. Seitdem gehen die Wogen hoch. Doch wenn man den Aussagen in deutschen Medien vertraut, sind die meisten Benützer recht zufrieden: "Wir haben nie rechts gezielt und links getroffen. Soldaten, die mit dem Sturmgewehr im Gefecht standen, halten die Kritik für Unsinn - trotz bekannter Mängel", sagte etwa ein Soldat gegenüber der "FAZ".

Dennoch zieht das Verteidigungsministerium jetzt die Konsequenzen aus dem kritischen Bericht – und will das G36 so schnell wie möglich ersetzen. Das Gewehr habe bei der Bundeswehr "keine Zukunft", stellte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Mittwoch klar. Der deutsche Hersteller Heckler & Koch sprach bereits zuvor über rechtliche Schritte wegen Rufschädigung. Schließlich gebe es seit 20 Jahren zufriedene Kunden auf der ganzen Welt.

Höchst zufrieden sind auch die kurdischen Peschmerga-Kämpfer im Irak mit den G36-Sturmgewehren, die sie im Vorjahr von der Deutschen Bundeswehr erhalten haben. Peschmerga-Minister Qadir Mustafa Sayid Qadir würde sich über die ausgemusterten Gewehre freuen: "Mit diesen 180.000 Gewehren könnten alle unsere Peschmerga ausgerüstet werden", sagt er gegenüber der "FAZ".

"Unser geringstes Problem"

Während die meisten Kritiker aus den Reihen des deutschen Bundesheer anonym bleiben wollten, sagt Oberstleutnant André Wüstner gegenüber "Tagesschau.de", er halte die Entscheidung grundsätzlich für richtig. Dennoch bezeichnet er das G36 als "unser geringstes Problem". Denn andere Mängel, die durch ein intensives Sparprogramm entstanden seien, wären viel gravierender: "Sei es bei den Schutzwesten, den Nachtsichtgeräten, den Funkgeräten oder den Fahr- und Flugzeugen - es besteht einfach überall Nachholbedarf."

Soldaten würden immer noch im Schnitt 1000 Euro ausgeben, um ihre Ausrüstung zu optimieren. "Es reicht nicht, dass wir eine moderne Armee lediglich per Powerpoint oder Video vollausgestattet vorzeigen können. In der NATO sind die Erwartungen an uns enorm gewachsen und daher hört verantwortungsvolle Politik eben nicht beim Thema G36 auf", so Wüstner.

>>> Interview auf "Tagesschau.de"

>>> Interview auf "FAZ.net"

(Red.)

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