Porsche-Piëch: Cousinszwist im Hause VW

Martin Winterkorn Piech Hauptversammlung Volkswagen DEU Deutschland Hamburg 19 04 2012 Dr Mart
Martin Winterkorn Piech Hauptversammlung Volkswagen DEU Deutschland Hamburg 19 04 2012 Dr Mart(c) imago/IPON (imago stock&people)
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Erst hat sich die Familie Porsche gegen die Familie Piëch gestellt, jetzt kommt im Kampf um die VW-Spitze die Retourkutsche.

Wien/Wolfsburg. Man könnte daraus eine Tragödie voller Intrigen im Stil von William Shakespeare machen. Oder eine moderne Fortsetzung von Franz Grillparzers „Bruderzwist im Hause Habsburg“. Der „Cousinszwist im Hause VW“ beschäftigt seit Tagen die Medien: Hier Ferdinand Piëch, dort Wolfgang Porsche – eine Familie, getrennt durch den Namen und unterschiedliche Interessen.

Nach dem Kampf um VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn, den Piëch im Aufsichtsrat auch wegen des Widerstands der Porsches verloren hat, geht es jetzt um den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden. Piëch war ja überraschend am Wochenende von dieser Funktion zurückgetreten. Der logische Nachfolger wäre sein Cousin Wolfgang Porsche, dessen Familie gemeinsam mit der Familie Piëch 50,7 Prozent der Stammaktien des Volkswagenkonzerns hält. Doch ihn will Piëch nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ unbedingt verhindern. Er soll am Ende des Treffens nach seinem Rücktritt am vergangenen Samstag gesagt haben, neuer Aufsichtsratsvorsitzender dürfe keinesfalls Wolfgang Porsche werden. Ob er es ihm nicht zutraut oder ob es Rache ist für den Widerstand Porsches gegen die Winterkorn-Ablöse, bleibt offen.

Möglicherweise gibt es in der Geschichte auch einen Treppenwitz – und ausgerechnet Winterkorn wechselt an die Spitze des Aufsichtsrats. „Jetzt wäre es an der Zeit, dass Winterkorn den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt und in der Geschäftsführung ein Generationswechsel stattfindet“, meinte gestern etwa Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Auto-Analyst Max Warburton von Bernstein Research rechnet mit einem Aufstieg des 67-Jährigen in das Kontrollgremium. Unter einem neuen Konzernchef könne dann die künftige Struktur für den zweitgrößten Autobauer der Welt festgelegt werden. Als Nachfolger an der Vorstandsspitze wird Porsche-Chef Matthias Müller favorisiert.

Aktionäre jubeln

Die Debatten finden eine Woche vor der Hauptversammlung statt (5.Mai). Neben Piëchs Sitz geht es auch um den seiner Frau, Ursula, die mit ihrem Mann aus dem Gremium ausgeschieden ist. Ob es bei der Hauptversammlung schon Entscheidungen gibt, ist fraglich. Das Aktionärstreffen wird Ex-IG-Metall-Chef Berthold Huber als kommissarischer Chefaufseher leiten.

Unabhängig von der Piëch-Neubesetzung gibt es Änderungen im Aufsichtsrat. Der Volkswagen-Großaktionär Katar plant eine personelle Neubesetzung für eines seiner zwei Aufsichtsratsmandate. Das Emirat, das 17 Prozent der Stimmrechte an Europas größtem Autobauer hält, will den Chef des Luftfahrtkonzerns Qatar Airways, Akbar Al Baker, ins Kontrollgremium des Konzerns entsenden.

Spekuliert wird auch, ob Piëch nach dem Rückzug seine Anteile an VW halten wird. Er besitzt etwa 13 Prozent der Stammaktien an der Porsche SE, die wiederum die 50,7Prozent an den Volkswagen-Stammaktien hält. Rechnerisch können Piëch etwa 6,7 Prozent der VW-Stammaktien zugeordnet werden. Sie haben einen Börsenwert von etwa 4,6 Mrd. Euro. Nach Übereinkunft innerhalb der Familie von Tochter und Sohn des Firmengründers Ferdinand Porsche haben Familienmitglieder ein Vorkaufsrecht.

Die Anleger sehen den Rückzug Piëchs jedenfalls positiv. Die Aktie legte gestern um mehr als vier Prozent zu. Verschwörungstheoretiker könnten hinter Piëchs Rückzug eine Strategie vermuten. Ähnliches passierte 2005 nach dem Abgang von Jürgen Schrempp als Daimler-Chef. Als Folge seines Rückzugs schoss damals die Aktie in die Höhe, einer der Profiteure war Schrempp selbst. (red./ag.)

AUF EINEN BLICK

Nach dem überraschenden Abgang von Ferdinand Piëch als Aufsichtsratsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns wird um die Nachfolge gerätselt. Angeblich will Piëch seinen Cousin Wolfgang Porsche unbedingt als neuen Chef des Kontrollgremiums verhindern. Möglicherweise wechselt Martin Winterkorn vom Vorstand in den Aufsichtsrat – genau jener Mann also, den Piëch mit aller Kraft ablösen lassen wollte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2015)

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