Hasler: „Menschen verstehen, dass Staat sparen muss“

Liechtensteins Regierungschef: Adrian Hasler
Liechtensteins Regierungschef: Adrian Hasler(C) EPA - Peter Klauzner
  • Drucken

Liechtensteins Regierungschef musste beim Amtsantritt vor zwei Jahren ein hartes Sparpaket schnüren. Im Interview erklärt er, wie man Menschen Sparen verständlich macht und wie sehr man unter dem Franken leidet.

Die Presse: Wie sehr freuen Sie sich eigentlich als Privatperson beim Urlaub im Ausland, dass Liechtenstein den Schweizer Franken als Währung hat?

Adrian Hasler: (Lacht.) Wenn ich privat im Ausland bin, ist das natürlich ein Vorteil.

Und wie sehr ärgern Sie sich als Regierungs- und Finanzchef über den starken Franken?

Es ärgert uns nicht, aber es ist eine Belastung für unsere Wirtschaft, das macht uns schon zu schaffen. Wir haben sehr viele Kleinunternehmen, die in den Euroraum exportieren, ihre Kosten aber in Schweizer Franken haben. Und wegen des starken Franken sind die Margen praktisch weg, weil sie mit den Unternehmen aus dem Euroraum konkurrieren müssen. Das ist eine schwierige Situation für unsere Unternehmer.

Es gibt in der Schweiz die Diskussion, dass man den Grenzgängern aus Österreich das Gehalt um 20 Prozent kürzt, weil sie ja durch die Kursfreigabe indirekt eine Gehaltserhöhung bekommen haben. Überlegt man das in Liechtenstein auch?

In dieser Form nicht. Es gibt ein paar wenige Unternehmen, die darüber diskutiert haben, die Löhne nicht mehr in Franken, sondern in Euro zu zahlen. Bisher haben das ein, zwei Firmen gemacht.

Banken sind das leidige Pflichtthema für jeden liechtensteinischen Politiker. Wie sehr leidet der Finanzplatz unter dem Austrocknen der Steueroase Liechtenstein?

Der Finanzplatz hat schwierige Zeiten durchgemacht, keine Frage. Wenn man sich aber die Entwicklung bei den Kundenvermögen anschaut, haben wir seit einigen Jahren ein konstantes Volumen mit einer leichten Zunahme. Die großen Umwälzungen laufen zurzeit im Treuhandbereich, da geht es unter anderem um die Stiftungen. Hier hat es viele Löschungen gegeben und bei diesem Geschäftsmodell haben die Banken natürlich Einbußen.

Bereut man die Entscheidung schon, dass man von einer Schwarzgeld- hin zu einer Weißgeldstrategie gewechselt hat?

Keinesfalls. Unsere Strategie ist seit 2008 eindeutig. Wir haben uns für die Steuerkonformität entschieden, etliche Steuerabkommen geschlossen und dem Informationsaustausch zugestimmt. Wir sind hier einen sehr konsequenten Weg gegangen. Das ist auch der einzig richtige Weg für unsere Zukunft

Österreich hat von den alten Schwarzgeldern in Liechtenstein nicht so sehr profitiert wie erhofft. Gerechnet hat man mit einer Zahlung von 500 Millionen Euro, überwiesen wurden nur 240 Millionen. War weniger Schwarzgeld im Fürstentum, oder haben die Menschen ihr Geld rechtzeitig abgezogen?

Man darf nicht vergessen, dass es etwa 7300 freiwillige Meldungen über Vermögenswerte von 850 Millionen Euro gab. Dies führt in Österreich zu zusätzlichen Steuereinnahmen. Man muss das zusammenrechnen: die Einnahmen aus der Abgeltungssteuer und die Einnahmen aus den Offenlegungen.

War das Abkommen mit der Abgeltungssteuer zu wenig attraktiv? Den Menschen kam eine Selbstanzeige bei der Finanz offenbar günstiger.

Das muss jeder für sich selbst beantworten. Bei manchen kam die Offenlegung billiger, anderen war die Privatsphäre wichtiger, und sie haben deshalb den Weg der Abgeltungssteuer beschritten.

Die Einnahmenausfälle vom Finanzplatz haben auch beigetragen, dass das Fürstentum ein Defizit schreibt. Sie mussten bei Ihrem Amtsantritt 2013 ein Sparpaket schnüren – ungewöhnlicherweise tatsächlich zu zwei Dritteln mit Einsparungen.

Wir haben von vornherein gesagt, dass wir das Budget nicht primär durch neue Steuern sanieren möchten. Das haben wir als den falschen Weg gesehen. Wir haben zwar noch immer ein Staatsvermögen von etwa 1,5 Jahresausgaben auf der hohen Kante, wir wären aber durch die jährlichen Defizite bald in eine Verschuldung abgeglitten. Wir haben der Bevölkerung gezeigt, dass der Staat zu viele großzügige Leistungen bietet, die wir uns einfach nicht mehr leisten können.

Das hat die Bevölkerung verstanden?

Ja, die Menschen verstehen, dass der Staat sparen muss. Bereits im Wahlkampf haben beide großen Parteien die Sanierung des Budgets als zentrales Thema gebracht, und beide Parteien haben gesagt, dass wir sparen müssen, auch wenn es wehtun wird.

Interessant, dass beide Parteien diese Linie durchgehalten haben.

Beide großen Parteien sind Volksparteien, die verstehen die Problematik. Wir haben ehrlich aufgezeigt, dass es so nicht weitergehen kann. Man muss als Politiker den Bürgern die Probleme aufzeigen und ihnen sagen, wohin der Weg geht. Ich halte nichts von Versprechungen, die man nicht halten kann.

Haben Sie nicht ein paar Tipps für österreichische Politiker, wie man ähnlich konsequent vorgehen und ausgabenseitig sparen kann?

Ich glaube, das wissen Ihre Politiker selbst am besten.

Aber sie machen es nicht.

Ich bin mir sicher, dass Finanzminister Schelling schon gewisse Ideen hat.

Liechtenstein plant unter anderem, das Pensionsantrittsalter von 64 auf 65 Jahre anzuheben, vor allem aber wollen Sie den Pensionisten die 13. Monatspension streichen. In Österreich könnten Sie sich da nicht mehr auf die Straße trauen.

Wir wollen das sogenannte Weihnachtsgeld nicht ad hoc abschaffen. Die Idee ist, dass es so lang nicht an die Inflation angepasst wird, bis dieser Betrag kompensiert ist. Die aktuellen Rentner betrifft das am wenigsten, weil wir ja derzeit kaum eine Inflation haben. Da kann man noch in zehn Jahren die gleiche Kaufkraft haben, das betrifft eher die künftigen Pensionistengenerationen. Die Erhöhung des Pensionsalters ist aber akzeptiert, die Menschen verstehen, dass wir in zehn, 15 Jahren ein massives Problem haben, wenn wir jetzt nichts unternehmen.

ZUR PERSON

Adrian Hasler ist seit März 2013 Regierungschef im Fürstentum Liechtenstein. In seine Zuständigkeit fallen unter anderem die Finanzagenden. Der 51-Jährige war vor seiner politischen Karriere Polizeichef. Hasler ist verheiratet und hat zwei Kinder. [ IKR]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.