Nespresso-Chef: "Was zählt, ist, was die Leute zahlen wollen"

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Nespresso-Chef Jean-Marc Duvoisin über Kapselpreise, Müll und den korrekten Umgang mit der Konkurrenz.

Die Presse: Wenn man die Kapselpreise von Nespresso zwischen 35 und 45 Cent hochrechnet, zahlen Nespresso-Kunden ca. 60 Euro pro Kilo Kaffee. Wie lässt sich so ein Preis rechtfertigen? Der Weltmarktpreis für ein Kilo Kaffee liegt zurzeit bei 1,34 Dollar.

Jean-Marc Duvoisin: Sie können nicht nur das Rohmaterial betrachten. Das ist bei uns nur ein sehr kleiner Teil der Wertschöpfungskette. Da gibt es die Entwicklung und Produktion der Kaffeemaschinen, die Services, die Boutiquen. Man nimmt ja beim Preis für ein T-Shirt oder ein Kleid auch nicht einfach den Baumwollpreis als Maßstab.

Ihre Margen dürften aber wesentlich höher als im Bekleidungshandel sein.

Was zählt, ist, was die Leute zu zahlen bereit sind. Bei unseren Produkten geht es vor allem um Qualität und Geschmack – und das ist unseren Kunden eindeutig etwas wert.

Würden Sie zustimmen, dass Nespresso vor allem durch geschicktes Marketing so groß geworden ist?

Nein, dem würde ich widersprechen. Das haben wir in erster Linie der Qualität unseres Kaffees zu verdanken. Wir kaufen nur die ein bis zwei Prozent Kaffee auf dem Markt, die Topqualität haben. Wir haben direkte Beziehungen zu 64.000 Kaffeebauern. Diesen Bauern zahlen wir 40 Prozent über dem Marktpreis.

Es tummelt sich, seit Ihr Patent für die Kapseln abgelaufen ist, viel Konkurrenz auf dem Markt. Die Hersteller werfen Ihnen vor, dass Sie Ihre Maschinen immer wieder so präparieren, dass nur Ihre eigenen Kapseln funktionieren.

Das machen wir nicht. Wir entwickeln unsere Maschinen einfach weiter. Es gab zum Beispiel das Problem, dass Kapseln – auch unsere eigenen – in den Maschinen stecken geblieben sind. Also haben wir das System laufend verbessert.

Die Wettbewerbshüter sehen das etwas anders. In Frankreich müssen Sie Herstellern nun Einblick in neue Kaffeemaschinen geben, bevor sie auf den Markt kommen, damit diese ihre Kapseln anpassen können. Schmerzt das?

Ich bin fest davon überzeugt, dass man sich einfach bemühen muss, das bestmögliche Produkt und die besten Innovationen zu bieten, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten. Deshalb schmerzt mich das nicht sehr.

Jeder, der Kapseln benutzt, weiß, wie viel Abfall dabei entsteht. Nespresso hat zwar ein Recyclingsystem eingeführt, macht aber ein Geheimnis daraus, wie viele Kapseln tatsächlich recycelt werden. Sind es so wenige?

Wir geben keine Zahlen bekannt, weil wir nicht die vollständige Kontrolle über den Recyclingprozess haben. Deshalb ist es schwierig, ultimative Zahlen zu bekommen. Und wir wollen erst einmal Recycling flächendeckend anbieten. In der Schweiz haben wir das schon fast erreicht, in Österreich sind wir bei 80 Prozent.

Aber Sie werden sich doch darüber informieren, ob das System angenommen wird oder nicht?

Natürlich tun wir das, und wir wissen, dass wir das Level des Recyclings erhöhen und dafür ein Bewusstsein schaffen müssen.

Vielleicht braucht es einen finanziellen Anreiz. Haben Sie das schon einmal in Erwägung gezogen? Eine Stange Kaffee gratis für 100 recycelte Kapseln?

Das ist für uns keine Option. Unsere Aufgabe ist es, den Konsumenten die Möglichkeit zum Recycling anzubieten und an ihre Eigenverantwortung zu appellieren.

Ein anderes Material für die Kapseln kommt nicht infrage?

Nein, weil Aluminium den Kaffee am besten vor Licht und Oxidation schützt.

In Europa hemmt die Konkurrenz mittlerweile das Wachstum. Was sind zurzeit Ihre stärksten Wachstumsmärkte?

Die USA, Brasilien, einige asiatische Länder. Aber auch in Europa haben wir noch Luft nach oben. Polen ist zum Beispiel ein stark wachsender Markt.

In den USA haben Sie im Vorjahr ein neues System auf den Markt gebracht, mit dem große Tassen Kaffee gebraut werden können – warum?

Damit fassen wir die gesamte Breite des US-Markts ins Auge. Denn bisher haben wir mit unseren auf kleine und mittelgroße Mengen spezialisierten Maschinen ein Nischendasein gefristet. Jetzt können wir dort richtig wachsen.

ZUR PERSON

Jean-Marc Duvoisin. Der in Genf geborene Schweizer ist seit über zwei Jahren Vorstandschef der Nestlé-Tochter Nespresso. Duvoisin kam 1986 zu Nestlé. Vor dem Wechsel zu Nespresso war er Nestlé-Personalchef, davor lange Jahre im Nahen Osten und in Lateinamerika tätig.

Nespresso ist der Gewinnbringer in dem weltweit größten Nahrungsmittelkonzern. Aus geschätzt vier Milliarden Euro Umsatz dürfte mindestens eine Milliarde Euro an Vorsteuergewinn abfallen – auch wenn Nespresso selbst keine Zahlen nennt. In Wien war Duvoisin zur Eröffnung des ersten Nespresso-Cafés auf der Mariahilfer Straße.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)

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