Oxford-Ökonom: Grexit muss nicht in Katastrophe münden

Symbolbild zur ungewissen Zukunft Griechenland s Sensenmann steht vor griechischer Flagge mit Schri
Symbolbild zur ungewissen Zukunft Griechenland s Sensenmann steht vor griechischer Flagge mit Schriimago/Ralph Peters
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Adam Slater hat eine Studie zu 70 Austritten aus Währungsunionen seit 1945 verfasst. Nur eine Minderheit der Staaten erlitt starke Einbußen.

Die Hardliner in Athen könnten nicht ganz Unrecht haben. Die Vergangenheit zeigt, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euroraum nicht zwangsläufig in eine Katastrophe münden muss, ergab eine Studie von Adam Slater, leitender Ökonom bei Oxford Economics Ltd. Mehr als 70 Länder und Gebiete haben seit 1945 Währungsunionen verlassen, doch nur eine kleine Minderheit von ihnen erlitt der Studie zufolge starke Einbußen bei der Wirtschaftsaktivität. Die meisten davon, wie im Falle des ehemaligen Jugoslawiens, lassen sich durch andere Schocks wie beispielsweise Bürgerkriege erklären.

Auch wenn Griechenlands Bruttoinlandsprodukt um etwa zehn Prozent einbrechen könnte, sollte der Rückgang begrenzt bleiben. Die Wirtschaft dürfte aus einem Euro-Austritt nämlich unerkannte Vorteile ziehen, die eine anständige Erholung ermöglichen. “Das wahrscheinlichste Resultat eines Austritts wäre, dass es zuerst zu einem beträchtlichen BIP-Rückgang kommt. Erfahrungen aus der Vergangenheit legen aber nahe, dass es eine starke Erholung geben könnte”, sagt Slater. “Es hängt viel davon ab, wie der Übergang gehandhabt wird.” Die frühere Tschechoslowakei beispielsweise löste ihre Währungsunion 1993 innerhalb von lediglich fünf Wochen auf. Die Wirtschaftsleistung der Slowakei ging in dem Jahr um weniger als vier Prozent zurück und war bis 1995 zehn Prozent höher als sie es noch 1992 gewesen war.

Zwei Drittel der Austrittsländer positiv

Slaters Berechnungen ergaben, dass Währungsunionen verlassende Volkswirtschaften im Jahr des Ausscheidens im Median ein Wachstum von durchschnittlich 2,7 Prozent aufwiesen und von dem Jahr vor dem Austritt bis zum Jahr danach 3,2 Prozent. Insgesamt betrachtet war in dem Jahr eines Austritts das Wachstum in etwa zwei Dritteln der Fälle positiv, rund ein Drittel verzeichnete negative Raten. Sehr negative Ergebnisse mit einem BIP-Rückgang um 20 Prozent oder mehr gab es allerdings nur in acht Prozent der Fälle. Lettland verzeichnete hierbei den schlimmsten Einbruch, als das Land die Sowjetunion verließ. Oman schnitt der Studie zufolge am besten ab.

“Die Wirtschaftsaktivität kann im Zuge von Währungsunion- Austritten und der manchmal damit einhergehenden schweren Finanzkrise überraschend widerstandsfähig sein”, sagt Slater.

Mehr Exporte winken

Wie also würde es Griechenland ergehen? Slater ist der Ansicht, dass das Land daraus Vorteile ziehen würde, weil ein schwächerer Wechselkurs die Exporte ankurbeln und sich die monetären Bedingungen lockern würden. Durch einen Zahlungsausfall könnte die Regierung auch den fiskalischen Spielraum finden, um eine Rekapitalisierung der Banken vorzunehmen. Zudem würden sich Rückgänge am Aktienmarkt wahrscheinlich nicht auf die Lage der Haushalte auswirken, deren Finanzanlagen nur zu zwei Prozent aus Aktien bestehen. Und sobald der Schock eines Grexit abflaut, könnten die Märkte sogar eine Rally hinlegen.

Eine solche Argumentation gibt jenen Griechen Rückendeckung, die die Ansicht vertreten, dass das Land ohne langfristige Kosten für die Wirtschaft den Euro fallenlassen könnte. “Es gibt ein Aufwärtsrisiko - wenn das einigermaßen gut organisiert wird, legen die historischen Erfahrungen nahe, dass der Grexit anfänglich einen viel kleineren Rückgang erleben dürfte”, konstatiert Slater. “Es könnte auch etwas Aufwärtspotenzial an den Finanzmärkten geben.”

(Bloomberg)

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