Studie: Das halbe Geld für Essen

Ein ukrainischer Haushalte gibt im Schnitt 214 Euro pro Monat aus, ein slowenischer 1700 Euro.

WIEN (cim).116 Euro pro Monat trägt ein Ukrainer jeden Monat in den Supermarkt, zum Markt oder in den Laden an der Ecke, um Nahrungsmittel zu kaufen. Das ist mehr als die Hälfte des Geldes, das ein ukrainischer Haushalt im Monat ausgeben kann.

Der Unterschied zwischen den Verbrauchsausgaben der Haushalte Zentral- und Osteuropas ist enorm. Jeden Monat gibt eine Familie in der Region zwischen 1700 Euro (in Slowenien) und 214 Euro (in der Ukraine) aus. Das, gemessen am Privatkonsum, zweitreichste Land ist Kroatien mit 1000 Euro monatlich, dahinter folgen Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Polen mit Ausgaben zwischen 900 und 1000 Euro.

Preisniveaus variieren

Eine Familie in Rumänien, Bulgarien oder Serbien muss im Schnitt mit etwa 400 Euro im Monat für den privaten Konsum auskommen. Das hat ein Vergleich der Haushaltsausgaben in zehn Ländern der CEE-Region ergeben, den das Beratungsunternehmen Regioplan Consulting durchgeführt hat. Zum Vergleich: In Österreich lagen die monatlichen Verbrauchsausgaben eines Haushalts 2007 bei statistischen 2800 Euro. Unter Konsumausgaben versteht man dabei alle privaten Ausgaben für Anschaffungen und Dienstleistungen eines Haushalts, unabhängig davon, ob sie im Einzelhandel, direkt beim Erzeuger oder im Ausland getätigt werden.

Geringere Ausgaben müssen nicht unbedingt größere Armut bedeuten, da die Preisniveaus in den Ländern sehr stark variieren. Allerdings: Entwickeln sich die wirtschaftlichen Einflussgrößen in einem Land positiv, so kann man davon ausgehen, dass auch die Verbrauchsausgaben steigen.

Essen als Wohlstandsindikator

Je weniger entwickelt ein Land ist, umso größer ist der Anteil des Haushaltsbudgets, der für das Essen ausgegeben wird. In der Ukraine ist dieser Anteil mit 54 Prozent am höchsten. In Rumänien und Bulgarien liegt dieser Wert bei über 40 Prozent, in Serbien bei 36 Prozent. In einem relativ reichen Land sinkt der Anteil: in Tschechien auf 20 Prozent, in Slowenien laut Studie auf nur 17 Prozent.

Im Mittelfeld liegen Kroatien, die Slowakei, Ungarn und Polen mit einem Anteil von etwa einem Viertel. Ein österreichischer Haushalt wendet 18 Prozent seiner Verbrauchsausgaben für Nahrungsmittel auf.

Boom auf Eis

Die drei größten Gruppen des Konsums sind in jedem der zehn untersuchten Länder Nahrung und Getränke, Wohnen und Energie sowie Transport und Verkehr. Zusammen verschlingen diese Bereiche je nach Land zwischen 48 und 70 Prozent des verfügbaren Haushaltsbudgets.

Je weniger Geld da ist, umso größer ist der Anteil, der für die Befriedigung der Grundbedürfnisse aufgewendet werden muss. Erst dann bleibt Geld für andere materielle oder soziale Bedürfnisse, zum Beispiel Mode, Elektrogeräte, Freizeit oder Unterhaltung.

In Slowenien stehen dafür mehr als 50 Prozent des Haushaltsbudgets zur Verfügung, in Rumänien sechs Prozent und in der Ukraine nur vier Prozent. In den vergangenen Jahren sind die Ausgaben für den privaten Konsum in den Ländern Zentral- und Osteuropas rasant gewachsen, zum Teil mit jährlichen Steigerungsraten von bis zu zehn Prozent. Die Krise schwächt diese Entwicklung nun massiv.

Der Nachholbedarf, vor allem an langlebigen Gütern wie Autos oder Einrichtungsgegenständen, sei aber nach wir vor gegeben, heißt es von Regioplan. Das werde weiter für Wachstum sorgen. Auch, wenn das vorerst auf Eis liegt. „In den kommenden Jahren werden die Konsumausgaben keinesfalls weiter steigen wie bisher“, sagt Wolfgang Richter, Geschäftsführer des Consultingunternehmens.

Rückgang des Konsums droht

Besonders in Rumänien, Bulgarien oder der Ukraine – in diesen Ländern war der Boom sehr intensiv – könnten die Ausgaben stagnieren oder kurzfristig auch zurückgehen. Viele der Konsumausgaben wurden in den vergangenen Jahren über Kredite finanziert. Diese sind nun nur sehr schwer zu bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2009)

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