Italien: Leichter in die Pension

Matteo Renzi Roma 22 04 2015 Senato Informativa urgente del Presidente del Consiglio sulla tragedia
Matteo Renzi Roma 22 04 2015 Senato Informativa urgente del Presidente del Consiglio sulla tragedia(c) imago/Insidefoto (imago stock&people)
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Wegen hoher Altersarbeitslosigkeit und damit einhergehender Armut will Italiens Regierung den Zugang in die Pension vereinfachen.

Rom. Sieben Jahre Dauerkrise haben tiefe Spuren in Italien hinterlassen. Die Zahl der Menschen, die im Land unter die Armutsgrenze gerutscht sind, ist von elf Millionen auf 15 Millionen gestiegen. Besonders gefährdet sind Italiener zwischen 55 und 65 Jahren: In dieser Altersgruppe ist ein Zuwachs von 70 Prozent an Armen registriert worden. Lediglich zehn Prozent der Arbeitslosen über 55 Jahre finden wieder eine Beschäftigung. In dem von einer Jugendarbeitslosigkeit von über 40 Prozent geplagten Land werden auch ältere Arbeitnehmer zunehmend zum Problemfall.

Gegen die soziale Ausgrenzung will Premier Matteo Renzi jetzt eine ehrgeizige Offensive starten. Um seine Popularität kurz vor der kommende Woche (31. Mai) geplanten Regionalwahlen mit fast 20 Millionen Wahlberechtigten zu stützen, greift Renzi auf seine sozialdemokratischen Wurzeln zurück und kündigt jetzt eine Revision der seit 2012 geltenden Pensionsreform an. Dabei soll erstmals wieder über eine Senkung des Pensionsantrittsalters (aktuell 66 Jahre) diskutiert werden. Ziel ist, eine stärkere Flexibilität beim Pensionsantrittsalter zu garantieren. Wer ab dem 62. Lebensjahr in den Ruhestand treten will, kann es tun, muss allerdings eine Pensionskürzung von zwei Prozent für jedes Jahr in Kauf nehmen, das ihn vom Pensionsantrittsalter von 66 Jahren trennt. Hat der Arbeitnehmer bereits 35 Pensionsbeitragsjahre eingezahlt, wird dieser Prozentsatz reduziert. „Wir wollen ab kommenden Jänner flexiblere Regeln einführen, für diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verlassen wollen. Die Pensionskassen können sich diese Reform leisten“, kündigte Vize-Wirtschaftsminister Pier Paolo Baretta an.

Grundeinkommen für Ältere

Zugleich will das Fürsorgeinstitut INPS im Juni einen Plan zur Einführung eines Grundeinkommens für Arbeitslose zwischen 55 und 65 Jahren vorlegen. „Die Probleme der älteren Arbeitnehmer sind ein neuer Notstand für das Land, denn der Arbeitsverlust ist der Hauptfaktor, der die Italiener in die Armut treibt“, betonte INPS-Chef Tito Boeri. Die Pläne für ein Mindesteinkommen bedeuten aber nicht, dass man die Bedürfnisse der jüngeren Bevölkerung ignoriere, die ebenfalls armutsgefährdet sei.

Boeri bezog sich auf einen Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), laut der trotz wirtschaftlichen Wachstums die Zahl sozial ungesicherter Beschäftigungsverhältnisse weltweit zunehme. Den Angaben zufolge arbeiten drei Viertel aller Erwerbstätigen weltweit in befristeten oder informellen Jobs. Insgesamt nahm laut ILO die Zahl der Arbeitslosen seit 2008 um 30 Millionen auf 201 Millionen zu. Dies bedeute einen Verlust von Gehältern in Höhe von 1218 Milliarden Euro weltweit. (mt)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

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