Autoindustrie: Wasserstoff - das Benzin der Zukunft

(c) Bloomberg (Tomohiro Ohsumi)
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Das erste in Serie produzierte Wasserstoffauto der Welt verkauft sich in Japan besser als erwartet. Toyota kommt mit der Produktion des "Mirai" kaum nach.

Tokio. Hätte man das erwartet? Seit Jahren werben Hersteller von Elektroautos mit deren Umweltfreundlichkeit, aber sie verkaufen sich bis jetzt nicht wie erhofft. Zu lang hängen sie an der Steckdose und seien zu wenig leistungsfähig, lautet die häufigste Kritik.

Jetzt hat der japanische Autohersteller Toyota seit kaum einem halben Jahr den ersten in Serie produzierten Wasserstoffwagen auf dem Markt – und kommt mit der Produktion nicht nach. Für den Mirai (japanisch für Zukunft) gingen in Japan innerhalb eines Monats 1500 Bestellungen ein. Für das ganze erste Jahr hatte Toyota nur mit 400 Einheiten kalkuliert.

So schnell wie möglich will man nun die Produktion ausweiten: Im kommenden Jahr sollen 2000 Fahrzeuge produziert werden, ab 2017 dann 3000 Stück. Der Hersteller ist überrascht, sieht sich aber auch bestätigt. Schließlich bezeichnet Toyota das Auto als den Beginn „einer neuen Ära der Mobilität“. Ein Auto eben, das ohne fossile Brennstoffe fährt, also nicht mehr die Umwelt verschmutzt. „Wir müssen an die nächsten 100 Jahre denken“, sagt Toyotas Chefingenieur Yoshikazu Tanaka, „und dabei hilft uns dieses Auto.“

Bald in Europa erhältlich

Das allererste Wasserstoffauto ist der Mirai nicht. Aktuell bietet bereits Hyundai ein Wasserstofffahrzeug an (ix35 Fuel Cell), das man auch in Österreich kaufen kann. In den 1990er-Jahren experimentierte Mercedes mit Brennstoffzellen, ebenso wie Fiat, Peugeot und Chrysler. 2016 oder 2017 wollen einige Hersteller ihre eigenen Modelle auf den Markt bringen. Mit seiner groß angelegten Serienproduktion ist Toyota aber der Konkurrenz einen Schritt voraus.

Das ist nicht zum ersten Mal so. 1997 kam mit dem Prius der weltweit erste massenproduzierte Hybridwagen auf den Markt. Dem Modell folgte der Plug-in-Hybrid, der sich via Steckdose aufladen und in drei verschiedenen Energiemodi fahren lässt.

Der Elektromotor des Mirai funktioniert nun eben mit einer Brennstoffzelle. Im Zusammenspiel mit Sauerstoff wird Strom erzeugt, der den Motor antreibt. Durch den genutzten Wasserstoff wird kein CO2 ausgestoßen. Der Tank soll den Mirai immerhin 500Kilometer weit bringen, das Volltanken dauert laut Hersteller drei Minuten, wodurch der Wagen mit herkömmlichen Benzinmodellen durchaus mithalten kann. Auch die Höchstgeschwindigkeit von 178km/h ist respektabel. Diverse Autozeitschriften haben das Modell bereits gelobt.

Mitte Dezember 2014 kam der Mirai in Japan auf den Markt, Europa soll das Auto im September 2015 erreichen. Der für Deutschland geplante Kaufpreis, der sich wenig von dem in Österreich unterscheiden wird (es fällt keine NoVA an), liegt bei 78.540Euro. Das ist beachtlich, zumal es Toyota über die vergangenen Jahrzehnte vor allem deshalb zum größten Autobauer der Welt geschafft hat, weil es passable Modelle preisgünstiger als die Konkurrenz angeboten hat. Selbst Modelle der Toyota-Luxuslinie Lexus erreichen oft nicht die Preise anderer Premiummarken.

Nur wenige Tankstellen

Dass der Mirai sich dennoch gut verkauft, ist für Toyota ein großer Erfolg. Denn bisher besteht für Mirai-Fahrer in Japan wie überall sonst das Problem, dass es kaum Zapfsäulen mit Wasserstoff gibt. In Deutschland sollen es derzeit rund 20 Stück sein, bis 2016 soll die Zahl auf rund 50 ansteigen und sich danach weiter vervielfachen. In Österreich gibt es eine Wasserstofftankstelle in Wien und eine in Innsbruck.

In Japan eröffnete Ende März in Tokio die erste mobile Wasserstofftankstelle. Sie ist von neun Uhr morgens bis ein Uhr nachts geöffnet; ein Kilo Wasserstoff kostet derzeit 1200 Yen (rund 9,20 Euro), bei einer Kapazität von 4,3 Kilo kostet das Volltanken beim Mirai zurzeit 5160 Yen (rund 40 Euro). Aber so erfreulich die Eröffnung für Besitzer eines Mirai auch ist: Bisher eignet das Auto sich durch den Mangel an Tankstellen eher für kurze Strecken innerhalb der Stadt oder erfordert bei längeren Strecken gute Planung. Insgesamt gibt es in Japan 40 Tankstellen. Der Multikonzern JX Holdings plant bis 2020, wenn in Tokio die Olympischen Sommerspiele stattfinden, 2000 neue Wasserstoffstationen zu bauen.

Aber noch einige Jahre wird das Netzwerk nicht annähernd so weit ausgebaut sein, dass sich davon abhängige Autos wie der Mirai auch jenseits eines Liebhaberkreises verkaufen könnten. Warum setzt das Auto sich trotzdem ab? Bei fast 40Prozent der Anfragen handelt es sich um Privatkunden, von denen die meisten laut Toyota über 65 Jahre sind – damit also jener Gruppe der japanischen Gesellschaft angehören, die mehr Vermögen als jede andere Generation angehäuft hat. Für sie ist der Wagen bisher eher ein Ausdruck bewussten Konsums und eine Investition in die Zukunft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2015)

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