Schweiz begräbt ihr Bankgeheimnis

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Die Schweiz hat mit Brüssel das Abkommen über den automatischen Datenaustausch unterzeichnet. Die Diskretion ist damit nur noch für Inlandskonten der Schweizer selbst gewahrt.

Wien/Brüssel. Pierre Moscovici frohlockte. „Ein historischer Moment“ war es für den EU-Währungskommissar, als die Schweiz am Mittwoch in Brüssel das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch unterzeichnete. Das ist nicht zu hoch gegriffen. Denn mit der Einigung ist zugleich das Schweizer Bankgeheimnis für Ausländer endgültig zu Grabe getragen. Gemäß dem Modell der OECD melden ab 2018 die Banken alle relevanten Informationen – Kontonummer, Name, Erträge und Guthaben – an ihre nationalen Behörden. Diese leiten die Daten automatisch an den Fiskus der Herkunftsländer der Anleger weiter.

Die USA zwangen die Schweiz schon Ende 2012 zu einer ähnlichen Vereinbarung. Die einst viel gerühmte Diskretion der Schweizer Geldhäuser gilt damit künftig nur noch für Einheimische, die zu Hause anlegen. Zumindest dieses inländische Bankgeheimnis steht bisher – im Gegensatz zu Österreich – nicht zur Disposition.

Damit endet ein Rückzug auf Raten, der im letzten Jahrtausend begonnen hat. Schon lange drängen die meisten EU-Staaten auf den Datenaustausch. Noch 2005 schien sich die Schweiz elegant aus der Affäre zu ziehen: Sie vereinbarte mit Brüssel eine Quellensteuer auf Zinserträge, von deren Einnahmen drei Viertel anonymisiert an die ausländische Steuerbehörde fließen. Auch Österreich, Belgien und Luxemburg wählten diesen Kompromiss.

Letztes Druckmittel Altlasten

Doch dann machten die USA massiven Druck und zwangen die Schweiz 2012 zum automatischen Datenaustausch. Damit waren die Dämme gebrochen. Der OECD-Standard setzt sich nun weltweit durch. Als der Bundesrat in Bern ihm vor einem Jahr im Prinzip zustimmte, war das Ende des Bankgeheimnisses für Ausländer besiegelt. Teilweise offen sind damit zwischen der Union und der Schweiz nur noch die „Altlasten“. Denn was mit den bisher undeklarierten Geldern von EU-Bürgern auf Schweizer Konten passiert, liegt in Europa in nationaler Kompetenz. Mit Österreich und Großbritannien ist die „Regularisierung“ von bestehenden Schwarzgeldvermögen und eine direkte Quellensteuer auf alle Kapitaleinkünfte schon seit Anfang 2103 in Kraft. Italien unterschrieb im Februar ein ähnliches Abkommen, mit Frankreich sieht sich die Schweiz auf einem „guten Weg“.

In Deutschland scheiterte ein Abkommen 2012 am Widerstand der rot-grün regierten Bundesländer. Doch dort regelt sich das Problem nun auf andere Weise: durch ein attraktives Programm für Selbstanzeigen.

Wie wichtig eine gütliche Einigung in Sachen „Altlasten“ sei, war am Mittwoch die dominierende Botschaft von Jacques de Watteville, der als Staatssekretär für Finanzfragen das EU-Abkommen für die Schweizer Seite unterschrieb. Sein Druckmittel sind die Steuerhinterzieher selbst: Findet sich keine bilaterale Lösung, die auch für sie akzeptabel ist, transferieren sie ihr Schwarzgeld einfach in ein anderes Steuerparadies. „Dann verlieren alle“, sagte de Watteville.

„Nichts aufgezwungen“

Für das EU-Abkommen selbst fand der Vertreter der Schweiz nur erstaunlich lobende Worte. Es lege „die Basis für mehr Transparenz“ und sorge für „gleich lange Spieße im Steuerwettbewerb“. Auch der Franzose Moscovici auf der Gegenseite wollte den Eindruck vermeiden, der Verhandlungspartner sei nur dem starken europäischen Druck erlegen: Man habe der Schweiz „nichts aufgezwungen“.

Mühsam wird es nun für die Schweizer Banken. Ihnen stehen ab 2017 hohe Kontrollkosten ins Haus – auch durch die dann unterschiedlichen Regelungen für Schweizer und Ausländer. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2015)

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