Spitzengespräch in Brüssel: Tsipras bei Juncker

Tsipras bei Juncker
Tsipras bei JunckerREUTERS
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Griechenlands Regierungschef will mit seinem Reformplan "Raum für Erholung schaffen". Davon hängen weitere Finanzhilfen ab. Die Erwartungen an das Treffen sind gedämpft.

Mit einem Spitzengespräch haben Griechenland und die EU-Kommission versucht, den Weg für eine Rettung des pleitebedrohten Landes zu ebnen. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras kam am Mittwochabend in Brüssel mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammen. Er will seinen Plan mit Reformen vorzustellen, die Voraussetzung für weitere Finanzhilfen sind.

Athen vermeldete vor dem Treffen ein Entgegenkommen der Hauptgläubigerstaaten Deutschland und Frankreich. Juncker und Tsipras äußerten sich bei ihrer Begrüßung nicht, für die Fotografen gab es ein Händeschütteln, Juncker klopfte Tsipras auf die Schulter. Die EU-Kommission ging im Vorfeld des Treffens nicht davon aus, dass dieses bereits einen Durchbruch bringen würde. "Wir erwarten kein abschließendes Ergebnis heute Abend", sagte ein Sprecher Junckers. "Das ist eine erste Diskussion und keine abschließende."

Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem als Vertreter der Länder der Währungsunion reiste nach Brüssel. Er sprach nach seiner Ankunft von einem "wichtigen Treffen", erwartete aber gleichfalls keine Einigung am Abend. Er traf Juncker schon vor Tsipras. Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) als weitere Griechenland-Gläubiger entsandten dagegen keine Vertreter.

Tsipras möchte "Raum für Erholung schaffen"

Sein Reformplan solle für Griechenland "Raum für Erholung schaffen und Grexit-Szenarien beenden", sagte Tsipras kurz vor seinem Abflug nach Brüssel mit Blick auf eine drohende Euro-Mitgliedschaft Griechenlands. Nach griechischen Presseberichten umfasst das 46-seitige Dokument unter anderem eine Reform der Mehrwertsteuer, eine Zusammenführung der Rentenkassen, die Abschaffung von Frühverrentungen und eine Beschleunigung der Privatisierungen.

Athen verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen in Aussicht gestellte Hilfsgelder von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Nun drängt die Zeit, weil das griechische Hilfsprogramm zum Monatsende ausläuft und Athen im Juni insgesamt 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen muss, was das Land überfordern dürfte. Die erste Rate von 300 Millionen Euro wird am Freitag fällig.

Kommt ein "allerletztes Angebot"?

Vor dem Treffen in Brüssel telefonierte Tsipras mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Francois Hollande. Beide hätten die "Notwendigkeit" zugestanden, die Ziele für den griechischen Primärüberschuss zu senken, hieß es kurz vor dem Brüsseler Treffen aus Regierungskreisen. Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigte das Telefongespräch, wollte sich aber nicht zum Inhalt äußern. Der Primärüberschuss ist der Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen und Schuldentilgung.

Angesichts der festgefahrenen Verhandlungen hatte am Montagabend eine Spitzenrunde im Bundeskanzleramt nach Lösungen gesucht. Neben Merkel, Hollande und Juncker hatten auch IWF-Chefin Christine Lagarde und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, teilgenommen. Medienberichten zufolge wurde vereinbart, Griechenland ein "allerletztes Angebot" zu unterbreiten.

Ein Sprecher von Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Mittwoch, EU-Kommission, EZB und IWF hätten sich darauf verständigt, einen "eigenen Vorschlag" für die Reformen zu unterbreiten. Dieser werde für die Gläubiger "die relevante Gesprächsgrundlage sein". Schäuble selbst sah vorerst keinen Anlass zum Optimismus. Von der neuen griechischen Reformliste habe er bisher nur "ansatzweise ein bisschen gehört", sagte er. Dies ändere an seiner bisherigen skeptischen Einschätzung nichts, sondern "es bestätigt sie eher".

"Wir sind einige Tage, wenn nicht sogar einige Stunden von einer möglichen Klärung entfernt", sagte dagegen Hollande. Eine Vereinbarung dürfe nicht "zu viel von Griechenland verlangen", um das Wachstum nicht abzuwürgen, aber auch nicht "nichts oder nicht genug", denn dies hätte Konsequenzen für die gesamte Eurozone. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sah "echte Fortschritte" in den Verhandlungen mit Athen. Es blieben aber noch "wirklich schwere Fragen" zu klären. Dazu gehörten die Renten- und die Arbeitsmarktreform.

(APA/AFP/dpa)

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