Wieder im Geschäft mit Kasachstan

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OMV(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Es muss kein kausaler Zusammenhang sein. Aber seit Rachat Alijew tot ist, nehmen Österreichs Wirtschaftskontakte mit Kasachstan zu. Nur die Probleme der OMV sind ungelöst.

Wien. Aus irgendeinem Grund ist es ein Tabu. Nur nicht die Kasachen reizen, indem man darüber spricht, sonst kommt es am Ende noch schlimmer. Dabei scheint sich das Problem des österreichischen Mineralölkonzerns OMV in Kasachstan auch so schon gewaschen zu haben. Es gehe um ausstehende Mehrwertsteuervergütungen, hat „Die Presse“ aus mehreren vertraulichen Quellen erfahren, aber nicht nur, wie eine dieser Quellen beteuert: „Jedenfalls ergibt alles zusammen eine nennenswerte Summe, die die OMV nicht so ohne Weiteres verloren geben kann.“

Um wie viel Geld die OMV mit Unterstützung diverser Interessenvertreter derzeit in Kasachstan genau kämpft, war nicht zu eruieren. Der Konzern selbst spricht nur durch die Blume: „Das wirtschaftliche Umfeld in Kasachstan ist herausfordernd“, heißt es auf Anfrage: „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir einzelne rechtliche oder geschäftliche Themen generell nicht kommentieren.“

Kasachstan, das flächenmäßig neuntgrößte Land der Welt, das als Österreichs größter Öllieferant ohnehin Milliardeneinnahmen lukriert, als Problemzone? Für die OMV, die 2014 wegen erfolgloser Bohrungen dort schon 110 Millionen Euro abschreiben musste, gewissermaßen ja. Das kann natürlich am Sektor liegen, denn auch andere internationale Ölfirmen leiden darunter, dass sich der Staat, der vorwiegend vom Rohstoffexport lebt, an ihnen wegen des vorjährigen Ölpreisverfalls schadlos zu halten versucht. Ob es auch an der Tatsache liegt, dass die OMV ein österreichischer Konzern ist?

Abwärtstrend und Alijew

Nicht unbedingt. Und dennoch lässt sich nicht leugnen, dass Österreichs Wirtschaft in den vergangenen Jahren nicht so in Kasachstan reüssierte, wie das erhofft worden war, und nur Waren im Gesamtwert von 250 Mio. Euro exportierte. Das hat zum einen mit dem allgemeinen Abwärtstrend zu tun, der sich in Kasachstans Außenhandel manifestiert und der die starke Verlangsamung im Wirtschaftswachstum sowie die vorjährige Abwertung der Landeswährung, Tenge, um 20 Prozent widerspiegelt.

Das hat zum anderen aber auch mit der Causa Rachat Alijew zu tun: Der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten ist seit 2007 von den kasachischen Behörden wegen diverser Delikte gejagt, aber von Österreich nicht an Kasachstan ausgeliefert worden. „Ich glaube, das hat uns viel positive Dynamik beim Wirtschaftsaustausch gekostet“, sagt Michael Müller, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Kasachstan. Damit soll nun allem Anschein nach Schluss sein. Jedenfalls springt ins Auge, dass Kasachstan massiv auf den österreichischen Radarschirm zurückkehrt, seit Alijew tot ist. Dieser wurde Ende Februar unmittelbar vor einer Gerichtsverhandlung erhängt in seiner Zelle in Untersuchungshaft aufgefunden.

Am 12. Mai war unbemerkt von der Öffentlichkeit niemand Geringerer als Kasachstans Energieminister, Magzum Myrzagaliyev, zu Gast bei einem Wirtschaftszirkel in der österreichisch-kasachischen Freundschaftsgesellschaft (ÖKG), deren Geschäftsführender Präsident Gabriel Lansky – offiziell Opfervertreter in der Causa Alijew und damit faktisch auch Lobbyist Kasachstans bei der Verfolgung Alijews – ist. Am 26. Mai lud zum ersten Mal die kasachische Botschaft gemeinsam mit der österreichischen Industriellenvereinigung (IV) zu Vortrag und Podiumsdiskussion mit dem kasachischen Vizeminister für Investitionen, Yerlan Sagadiyev, und IV-Präsident Georg Kapsch ein.

Probleme in Vergangenheit

Der Name Alijew galt dabei noch mehr als Tabu als die Causa OMV. Die einzige Anspielung, die sich Richard Schenz, Vizechef der Wirtschaftskammer und Präsident der ÖKG, erlaubte, war positiv formuliert: Österreich habe gute wirtschaftliche Beziehungen mit Kasachstan, sagte er auf dem Podium: „Und ich denke, auch politische, selbst wenn wir in der Vergangenheit einige Probleme hatten.“

Modernisierung im Visier

Dass eine solche Veranstaltung gerade jetzt stattfinde, habe freilich keinen anderen Hintergrund als die Absicht Kasachstans, Investoren an Land zu ziehen, so Sagadiyev im Gespräch mit der „Presse“. In der Tat legt Kasachstan einige Gänge zu, um zu den attraktivsten Ländern für Investoren aufzuschließen. Der Aufbau eines modernen Staatsapparats und eines Rechtsstaates sind zwei zentrale Slogans. Das schwierige externe Umfeld zwang Langzeitautokraten Nursultan Nasarbajew dazu, ein milliardenschweres Antikrisenprogramm und eine zweite Privatisierungswelle zu verordnen. Bürokratiehürden werden radikal abgebaut, eine 30-tägige Visafreiheit für Bürger aus Industriestaaten wird eingeführt. Ein Kooperationsabkommen mit der EU ist paraphiert. Die Weltausstellung Expo 2017 findet in Kasachstan statt, wobei das Gelände danach als Wirtschaftsinsel à la Dubai mit englischem Rechtssystem weitergeführt werden soll.

„Wir können von Ihnen lernen. Und vielleicht können auch Sie ein bisschen lernen, was Industrie bei uns bedeutet“, meinte Kapsch gegenüber Sagadiyev.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2015)

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