USA: Supermärkte rationieren Eier

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Die Vogelgrippe hat in den USA Millionen Hühner getötet, Eier sind knapp und teuer geworden. Erstmals seit 2002 werden sogar Importe aus den Niederlanden erlaubt.

Eine besonders tödliche Form der Vogelgrippe ließ den amerikanischen Markt für Eier aus den Fugen geraten. Seit der Virenstrang H5N2 Anfang März auf Geflügelfarmen in den Teilstaaten Iowa und Minnesota zu wüten begonnen hat, mussten landesweit mehr als 47 Millionen Hennen notgeschlachtet werden, sofern sie nicht ohnehin dem Virus zum Opfer fielen.

Rund 87 Prozent dieser Hühner waren laut dem US-Landwirtschaftsministerium Legehennen. Diese Tiere belieferten rund 80 Prozent des US-Marktes für Flüssigei; das ist jene in Gefäßen haltbar und transportabel gemachte Zubereitung von Eiweiß und Dotter, gemischt oder getrennt, die in der Lebensmittelindustrie, in Großbäckereien und von Gastronomieketten verwendet wird. Der Preis für diesen Grundstoff vieler Speisen und Fertiggerichte hat sich heuer bereits verdreifacht. Und auch die in ihrer Schale belassenen Eier im Einzelhandel werden angesichts der krankheitsbedingten Angebotsverengung knapper und teurer. Die texanische Supermarktkette H-E-B erklärte unlängst, bis auf Weiteres nur drei Eierkartons pro Kunde zu verkaufen. Mit dieser Rationierung wolle man Hamsterkäufen von Gastronomieunternehmen vorbeugen, erklärte der Konzern.

Für Menschen ist diese Art der Vogelgrippe nicht gefährlich, beruhigen Virologen. Innerhalb von Geflügelpopulationen allerdings breitet sie sich rasant aus und kann binnen weniger Tage Massen von Hühnern und Truthähnen töten.
Kein Impfstoff. Vermutlich dürften Wasservögel das Virus auf ihren Wanderzügen über den nordamerikanischen Subkontinent verbreitet haben. Einen wirksamen Impfstoff gibt es noch nicht, und so müssen betroffene Geflügelbauern auf Behördenanweisung enorme Mengen an befallenen Hühnern töten.

Rund ein Drittel der Eierprodukte, die industriell zu Lebensmitteln verarbeitet werden, sind binnen weniger Wochen wegen der Seuche vom Markt verschwunden. Um diesen Engpass zu meistern, hat das US-Landwirtschaftsministerium nun erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt die Einfuhr von Flüssigei und sonstigen Eiprodukten aus den Niederlanden zugelassen. Zuletzt hatten niederländische Eierproduzenten im Jahr 2002 den US-Markt bedient. Auch Chile, Argentinien, Frankreich, Deutschland, Spanien und Portugal haben Lizenzen zur Einfuhr von flüssigen, gefrorenen und getrockneten Eiern erhalten.

Diese Krise wird durch eine Industrialisierung der Landwirtschaft verschärft, die in den USA gegenüber der in Europa vielerorts auch ziemlich intensivierten Tierhaltung noch einmal größer ist und von einer Handvoll großer Agrarkonzerne kontrolliert wird. Auf dem Geflügelmarkt gibt es als Folge einer langjährigen Oligopolisierung zusehends nur mehr große Produzenten, die Zucht, Futtermittelherstellung und Vertrieb in vertikalen Wertschöpfungsketten integrieren.

Dazu kommt, dass die amerikanische Eierproduktion in wenigen Teilstaaten konzentriert ist, allen voran in Iowa und Minnesota. Diese Marktbedingungen sorgen dafür, dass Tierkrankheiten schnell große Schäden verursachen. So musste beispielsweise ein von den Behörden namentlich nicht genannter Produzent in Iowa nach dem Ausbruch des H5N2-Virus in seinen Hallen rund fünf Millionen Hühner notschlachten.


Biobetriebe nicht betroffen. Kleinere und auf ökologische Kriterien setzende Eierproduzenten sind bisher von der Vogelgrippe verschont geblieben. Das führt zu einem interessanten Effekt an den Supermarktregalen: Die herkömmlichen, bisher viel billigeren Eier sind heute wegen der Grippewelle mancherorts fast so teuer wie die bisher höherpreisigen Eier aus Freilandhaltung. Das lasse viele bisherige Käufer von Billigeiern zu den Bioeiern greifen, erklärte der Branchenfachmann Brian Moscogiuri gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press.

Die geplagte Eierindustrie hofft nun auf ein rasches Steigen der Temperaturen im Mittleren Westen. Wenn sie nämlich mehrere Wochen stetig über 25 Grad liegen, wird das Virus absterben. Die Zahl der Neuansteckungen sinkt bereits.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2015)

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