Japan hält die Geldschleusen offen

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Themenbild(c) Erwin Wodicka
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Die Bank of Japan bekräftigt ihr milliardenschweres Anleihenkaufprogramm. Experten rechnen damit, dass es im Herbst ausgeweitet wird, wenn die Wirtschaft schwächelt.

Tokio. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, heißt es: Und so bleiben auch die japanischen Notenbanker vorsichtig und halten an ihrem Kurs fest, sodass die Wirtschaft des Inselstaates von ihrer lockeren Geldpolitik profitiert. Die Bank of Japan hat am Freitag den Umfang ihres Programms zum Ankauf von Anleihen und Wertpapieren in Höhe von jährlich 80 Billionen Yen, umgerechnet 572 Mrd. Euro, bekräftigt.

Das heißt, die Geldschleusen bleiben offen, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln. Quantitative Easing (QE) heißt das Programm, das auch die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) mit mehr oder weniger durchschlagendem Erfolg anwenden. Das Ziel: Die Geldflut soll die niedrige Teuerungsrate künstlich anheizen und eine ruinöse Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, nachlassendem Konsum und zurückgehenden Investitionen verhindern, was Volkswirte als Deflation bezeichnen.

Zehn Jahre Deflation

Japan ist das Musterbeispiel dafür: Gut ein Jahrzehnt litt das Land unter fallenden Preisen auf breiter Front. Diese Deflation machte dem Einzelhandel zu schaffen, weil sich die Kunden in Erwartung immer billigerer Waren noch mehr zurückhielten. Auch die Löhne und die Investitionen schrumpften – eine teuflische Spirale.

Im ersten Quartal 2015 ist die Wirtschaft indes überraschend stark um 3,9 Prozent gewachsen – mehr als in den USA und schon gar in Europa. Auch die Investitionen der Unternehmen haben mit 2,7 Prozent deutlich stärker zugelegt als erwartet.

Nach wie vor liegt aber die Inflation nahe null und damit unter dem Zielwert der Bank of Japan. Sie hat die Zielfrist bis zum Erreichen einer Inflationsrate von zwei Prozent deshalb bereits bis September 2016 verlängert. Viele Analysten halten sogar diesen Termin für zu optimistisch.

Denn schon im April erhielt der Optimismus der Regierung einen kräftigen Dämpfer: Die Konsumausgaben sanken den 13. Monat in Folge. Den einzigen kleinen Hoffnungsschimmer gab es von der Industrie. Hier zog die Produktion zumindest im Vergleich zum Vormonat März an – im Jahresvergleich gab es allerdings einen leichten Rückgang.

Während die Notenbank nun betont, die Wirtschaft erhole sich weiterhin moderat, warnen Experten vor einer neuerlichen Abkühlung. Das starke Plus im ersten Quartal wäre daher nur ein kurzes Aufflammen gewesen – japanische Unternehmen profitierten stark von der Politik der Notenbank, die den Yen schwächt, um so die Exporte anzukurbeln.

Zuletzt wuchs aber auch die Exportbranche nicht mehr so stark. Und auch die Wirtschaftsleistung dürfte nach dem starken Jahresauftakt im Frühjahr nicht mehr so kräftig zugelegt haben: Experten rechnen nur noch mit einem Plus von aufs Jahr hochgerechnet 1,3 Prozent.

Nikkei legt stark zu

Deshalb erwarten manche Experten, dass die Notenbank im Herbst ihre Anleihenkäufe ausweiten wird. Notenbankchef Haruhiko Kuroda hofft dennoch, dass sich der Aufschwung selbst trägt: „Der Export wird schrittweise anziehen, weil sich die Wirtschaft in Übersee erholt. Auch der schwache Yen wirkt stützend“, betonte er.

Die Börse in Tokio reagierte auf diese Nachrichten zum Wochenausklang mit einem leichten Plus. Allerdings rutschte der Nikkei-225-Index in der vergangenen Woche – getrieben von der Griechenland-Krise – unter die 20.000-Punkte-Marke. Seit Jahresbeginn hat der Nikkei-225-Index aber deutlich um rund 3000 Punkte zugelegt. (ag/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2015)

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