Mehr Effizienz, höhere Steuern und weniger Ausgaben – darum geht es im Reformpaket

GREECE ECONOMY CRISIS
GREECE ECONOMY CRISIS(c) APA/EPA/FOTIS PLEGAS G. (FOTIS PLEGAS G.)
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Die Regierung Tsipras will dem noch am Samstag abgelehnten Verhandlungspapier nun weitgehend zustimmen. Beim Steuerdiskont für Inseln, Pensionen und Liberalisierungen fordert Athen aber Änderungen.

Wien. „Ich schreibe Ihnen, um Ihnen die Position Griechenlands bezüglich des Verhandlungspapiers der EU-Kommission mitzuteilen, das diese auf ihrer Website am 28.Juni veröffentlicht hat. Griechenland ist bereit, dieses Papier vorbehaltlich der folgenden Änderungen zu akzeptieren, wenn es Teil einer Verlängerung des am Dienstag ausgelaufenen Hilfsprogramms ist.“ Mit diesen Worten wandte sich der griechische Premier, Alexis Tsipras, in einem der „Presse“ vorliegenden Brief gestern, Mittwoch, an den Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, EZB-Chef Mario Draghi und IWF-Direktorin Christine Lagarde. Die EU-Finanzminister berieten in der Folge am Mittwochabend darüber, ob es doch noch einen Kompromiss mit Griechenland geben könnte (siehe Seite1). Doch worum geht es bei den von den Geldgebern geforderten Reformen genau? Die wichtigsten Punkte im Detail.

Griechenland soll mehr einnehmen als ausgeben

Die wohl wichtigste Forderung von EU, EZB und IWF ist, dass Griechenland einen signifikanten Primärüberschuss (Staatshaushalt ohne Zinszahlungen) erzielt. Heuer soll ein Prozent, 2016 zwei Prozent, 2017 drei Prozent und im Jahr darauf 3,5 Prozent Überschuss anfallen. In seinem Brief akzeptiert der griechische Premier, Alexis Tsipras, diese Forderung auch. Allerdings ist dabei zu bedenken, dass das Land schon deutlich weiter war. So bot die letzte griechische Regierung im vergangenen Herbst für heuer bereits einen Primärüberschuss von 2,3 Prozent an. Die Troika forderte damals noch drei Prozent für 2015.

Möglich werden soll dieser Überschuss unter anderem auch durch Einsparungen beim Militär. Bisher wollte Athen hier maximal 200 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Nun soll dieser Wert nur 2016 gelten, 2017 sollen es die von der EU geforderten 400 Millionen Euro sein.

Steuern sollen einfacher und höher werden

Die allgemeine Mehrwertsteuer soll auf 23Prozent vereinheitlicht werden. Daneben soll es aber weiterhin ermäßigte Sätze etwa für Lebensmittel, Energie und Hotels von 13Prozent sowie für Medikamente und Bücher von sechs Prozent geben. Zum Vergleich: In Österreich sind Medikamente mit zehn und Energie mit 20 Prozent besteuert. Abgeschafft würde dadurch aber der 30-Prozent-Rabatt für alle Mehrwertsteuern auf den Inseln. Diesen will Tsipras laut seinem Brief jedoch unbedingt erhalten.

Steuererhöhungen soll es laut dem Programm aber auch für Unternehmensgewinne (von 26 auf 28 Prozent), Reedereien, Grundstücke, Glücksspiel sowie Luxusprodukte wie Jachten mit einer Länge von mehr als zehn Metern geben.

Steuerbetrug soll schwerer werden

Kernpunkt sind hier die Schaffung einer neuen unabhängigen Steuerbehörde sowie einer Reform der griechischen Statistikbehörde Elstat. Letztere wurde ja immer wieder durch falsche Zahlen international bekannt. Der Präsident der Behörde solle daher künftig „aufgrund fachlicher Kompetenzen und im Rahmen eines transparenten Prozedere bestellt werden“, so das EU-Papier wörtlich.

Schwerer werden soll der Steuerbetrug aber auch durch eine genauere Definition des Begriffs Landwirt im Steuerrecht und der Abschaffung einiger steuerlicher Vorteile der Bauern. Auch der Einblick in Bankkonten soll erleichtert werden. Zudem sollen Firmen verpflichtet werden, ihre Körperschaftsteuern künftig zu 100 Prozent vorauszahlen zu müssen. Letzteres will die Regierung Tsipras erst ab Ende 2017 und nicht bereits ab Ende 2016.

Frühpensionen sollen abgeschafft werden

Im Kapitel Frühpensionen findet sich im Papier eine Reihe von sehr detaillierten Punkten, die grosso modo zum Ziel haben, Frühpensionen abzuschaffen und besonders hohe Zusatzpensionen zu kürzen.

Geschlossene Märkte sollen liberalisiert werden

Die EU fordert hier die Öffnung von bisher geschützten Branchen wie Ziviltechnikern, Notaren, Versicherungsmathematikern und Fährgesellschaften. In dem Brief von Tsipras finden sich einige der Branchen – etwa die Fährgesellschaften – nicht mehr wieder.

Öffentliches Eigentum soll privatisiert werden

Die staatlichen Anteile an den regionalen Flughäfen, den Häfen in Piräus und Thessaloniki sowie an der Eisenbahn und der staatlichen Autobahngesellschaft sollen zumindest teilweise privatisiert werden. Diesen Punkt akzeptiert Tsipras vollständig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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