IWF schließt vorerst weitere Hilfe für Athen aus

A man puts up posters with the word ´No´ in Greek in Athens
A man puts up posters with the word ´No´ in Greek in Athens(c) REUTERS (JEAN-PAUL PELISSIER)
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Der Internationale Währungsfonds sieht Griechenland offiziell zwar nur im „Rückstand“. Der Widerstand der Schwellenländer gegen das Hilfsprogramm war aber seit jeher groß.

Wien. 6,2 Milliarden Dollar (5,6 Milliarden Euro) bis zum Ende des Jahres sowie 26 Milliarden Dollar über die kommenden zehn Jahre. Es ist nicht wenig Geld, das Griechenland dem Internationalen Währungsfonds (IWF) schuldet. Und wie berichtet, hat das Land die gestern, Dienstag, abgelaufene Frist für die Rückzahlung einer 1,6 Milliarden Euro schweren Tranche ohne Überweisung verstreichen lassen. Athen reihte sich damit als erstes Industrieland in eine Reihe mit Ländern wie Afghanistan, Somalia, Simbabwe oder den Sudan ein. „Griechenland ist im Rückstand und hat um eine Verlängerung der Zahlungsfristen gebeten. Das Exekutivkomitee des IWF wird zu gegebener Zeit darüber beraten“, teilte die in Washington beheimatete Organisation in der Nacht auf Mittwoch zurückhaltend mit.

Eines wurde dabei jedoch sofort klargestellt: Weitere Hilfskredite kann es laut den Statuten erst dann wieder geben, wenn die rückständigen Schulden bezahlt sind. Doch auch ohne diese statuarische Regelung wäre es für Griechenland wohl unmöglich, frisches Geld aus Washington zu erhalten. „Die Leute sind einfach komplett angefressen“, sagt das ehemalige IWF-Exekutivmitglied Andrea Montanino zur Nachrichtenagentur Bloomberg. „Die Europäer würden vielleicht einer Verlängerung der Fristen zustimmen, aber die anderen werden sicherlich auch dazu Nein sagen.“

Brasilien bereits 2010 skeptisch

Die „anderen“, das sind vor allem die Schwellenländer aus Südamerika oder Asien, denen das IWF-Hilfsprogramm für das EU-Mitglied Griechenland schon seit Langem ein Dorn im Auge ist. Sie verstehen nicht, warum sie für ein Land bezahlen sollen, das über eine wesentlich kräftigere Wirtschaft und einen höheren Lebensstandard der Bevölkerung verfügt. Bereits im Jahr 2010 – anlässlich der ersten Milliardenhilfen – gab es daher äußerst kritische Stimmen. So meinte etwa der brasilianische Exekutivdirektor Paulo Nogueira Batista: „Die Risken des Programms sind immens.“ Es könnte sich letztlich als untragbar entpuppen.

Im Jahr 2013 startete Brasilien erneut einen Versuch, die Griechenland-Hilfe abzuwürgen. Eine Gruppe von Schwellen- und Entwicklungsländern verweigerte in der Folge die Freigabe von IWF-Krediten an Athen. Nun dürften sich viele der damaligen Kritiker innerhalb des IWF bestätigt fühlen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Griechenland-Hilfe für den IWF der größte Problemfall seit dessen Gründung vor rund 70 Jahren ist. Laut Berechnungen des US-Thinktanks Council of Foreign Relations sind die ausständigen Hilfen für Griechenland mehr als viermal so hoch wie alle bisherigen Problemkredite in der Geschichte des IWF zusammen.

Es wundert daher auch nicht, dass die wirtschaftlich immer mächtiger werdenden Schwellenländer (zu denen auch China gehört) seit Jahren mehr Einfluss im von den USA und Europa dominierten IWF fordern. Bisher wurden ihre Forderungen in Washington, London, Paris oder Berlin jedoch nicht erhört. Daher gründeten die sogenannten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) eine eigene Entwicklungsbank. Sie soll kommende Woche offiziell die Arbeit aufnehmen. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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