Kasachstan zeigt Wien die kalte Schulter

BP HEINZ FISCHER IN KASACHSTAN: NASARBAJEW/FISCHER
BP HEINZ FISCHER IN KASACHSTAN: NASARBAJEW/FISCHER(c) APA/HBF/DRAGAN TATIC (HBF/DRAGAN TATIC)
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Österreich überweist Milliarden für Ölkäufe nach Kasachstan. Im Gegenzug werden österreichische Firmen dort gegenüber anderen benachteiligt. Etwa beim Visum. Warum wohl?

Wien. Es gehört zum Wesen der Diplomatensprache, dass sie schön klingt. „Österreich ist einer der wesentlichen Partner Kasachstans“, heißt es auf der Website der kasachischen Botschaft in Wien: „Innerhalb der EU-Staaten nimmt Österreich den vierten Platz in Bezug auf den zwischenstaatlichen Handelsumsatz ein. Kasachstan ist der drittwichtigste Handelspartner Österreichs im GUS-Raum.“

Allein, auch wenn diese Rankings zum Handelsaustausch stimmen und Österreich unter den Top Ten der kasachischen Exportmärkte rangiert, weil es in keinem anderen Land so viel Öl zukauft, so ist die gelebte Realität der Partnerschaft doch prosaischer. Und aus dem „wesentlichen Partner“ wird in der Alltagssprache ein zweitrangiges Gegenüber, dem man wiederholt die kalte Schulter zeigt.

Österreich im Abseits

Konkret bei der Visumsfrage. Um angesichts der mauen Wirtschaftslage ausländische Investoren anzulocken, hat der rohstoffreiche Staat im Vorjahr Einreiseerleichterungen beschlossen und in einem einjährigen Testlauf Bürgern von zehn Staaten die visumsfreie Einreise für 15 Tage erlaubt. Dass Österreich nicht auf dieser Liste steht, erklärte der kasachische Vizeminister für Investitionen, Yerlan Sagadiyev, Anfang Juni gegenüber der „Presse“ mit dem Umstand, dass der Testlauf nur mit den größten Investoren und nur mit großen Staaten durchgeführt würde.

Nun aber hat Dauerpräsident Nursultan Nasarbajew kundgetan, die Liste um zehn Länder zu erweitern. Überraschung: Österreich ist wieder nicht dabei. Stattdessen neben der Schweiz, Spanien, Belgien und Australien auch Ungarn, Singapur, Norwegen, Schweden, Finnland und – Monaco.

Warum diese Nichtgeste an Österreich, das 2014 ganze 1,64 Mrd. Euro für Öl nach Kasachstan überwiesen hat und damit sein Außenhandelsdefizit fortschreibt, weil im Gegenzug Waren für nur 257,2 Mio. Euro dorthin exportiert werden konnten? „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Österreich nicht ausgewählt wurde“, so Michael Müller, Wirtschaftsdelegierter in Kasachstan. Und auch wenn Müller die Visumspflicht nicht unbedingt als Barriere empfindet, bedauert er doch, dass das positive Signal an Österreich ausgeblieben sei: „Ich halte das für schade.“

Das tut auch Richard Schenz, Präsident der Österreichisch-Kasachischen Gesellschaft (ÖKG), der den Kasachen keine bösen Absichten unterstellen und schon gar nicht das Motiv in der Causa Alijew suchen will: „Aber wir werden trotzdem das österreichische Außenministerium aufmerksam machen, damit mehr Druck entsteht. Und wir werden bei der kasachischen Botschaft vorstellig werden.“

So ungetrübt, wie Schenz das generelle Verhältnis mit Kasachstan darstellt, ist es nämlich nicht. Denn auch wenn die Causa Rachat Alijew, der als Schwiegersohn Nasarbajews seit 2007 von den kasachischen Behörden wegen diverser Delikte gejagt, von Österreich aber nicht ausgeliefert und im Februar in Untersuchungshaft erhängt aufgefunden worden ist, die kasachische Visumspolitik nicht beeinflusst hat: „Viel positive Dynamik beim Wirtschaftsaustausch“ habe sie allemal gekostet, so Müller.

OMV als Melkkuh

Auch zwischen der OMV und Kasachstan hängt der Haussegen schief. Wie die „Presse“ berichtete, kämpft die OMV seit Langem vergeblich um die Rückvergütung der Mehrwertsteuer in einem hohen Volumen. Fortschritte gibt es nicht, obwohl Österreich auch im Rahmen der Gemischten Kommission beim zuständigen Minister interveniert hat. „Wir haben gehört, dass die Causa auf der Ebene des Ministerpräsidenten liegt“, so Schenz: Soll heißen, sie kann auch nur auf dieser Ebene gelöst werden.

Wie und ob die Behörden diese und die Visumsfrage für die Firmen lösen werden, ist offen. Ein zugesagter Rückruf des Außenministeriums stand bis Redaktionsschluss aus. Auch die kasachische Botschaft reagierte auf Anfrage nicht.

Wenn man auf Geduld setzt, wird man diese bis 2017 brauchen. Für dieses Jahr hat Kasachstan in Aussicht gestellt, allen OECD-Staaten, also auch Österreich, Visaerleichterungen zu gewähren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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