BP kann sich Ölpest leisten

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FILE AT SEA USA DEEPWATER HORIZON LAW SUIT(c) APA/EPA/BEVIL KNAPP (BEVIL KNAPP)
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Deepwater Horizon. Durch den US-Vergleich erhöhten sich die Folgekosten auf 54 Mrd. Dollar. Doch der Kurs der BP-Aktie stieg. Warum?

London/Wien. Wie viel kostet es, die schlimmste Ölpest in der Geschichte Amerikas verantworten zu müssen? Seit Donnerstag Abend wissen wir es grob: BP hat mit der US-Regierung, fünf Bundesstaaten und 400 Kommunen einen Vergleich abgeschlossen. Der britische Konzern wird für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vor fünf Jahren 18,7 Mrd. Dollar Schadenersatz zahlen. Das ist der höchste Vergleich, denn je eine einzelne Firma in einer Umwelt-Causa abgeschlossen hat. Aber die gesamten Folgekosten gehen weit darüber hinaus.

Die Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon kostete elf Arbeitern das Leben. Hunderte Millionen Liter Erdöl ergossen sich ins Meer und verursachten schwere Schäden für Umwelt, Fischerei und Tourismus, vor allem in den Südstaaten. BP muss die dafür gebildeten Rückstellungen nun um zehn Mrd. auf knapp 54 Mrd. Dollar aufstocken. Juristisch ist ein Ende absehbar, auch wenn einige Klagen noch offen sind. Ein von Bloomberg befragter Experte rechnet mit Gesamtkosten von 70 Mrd.

Dennoch schoss der Kurs der BP-Aktie in Reaktion auf die Einigung um vier Prozent in die Höhe. Denn der Ölkonzern steigt mit dem Vergleich noch relativ gut aus. Lange wollten es die Briten auf einen Prozess ankommen lassen. Aber sie gerieten immer mehr in die Defensive: Der Ölpreis fiel, das Russland-Risiko stieg, und ein US-Gerichtsbeschluss trieb die Drohverluste durch ein Umweltschutzgesetz auf 13,7 Mrd. Dollar hinauf. Unter dem Titel dieses Clear Water Act muss BP jetzt „nur“ 5,5 Mrd. zahlen, was ein Verhandlungserfolg ist. Zudem darf der Konzern alle anderen Posten des Vergleichs von der Steuer absetzen. Vor allem aber verteilen sich die Zahlungen auf einen komfortabel langen Zeitraum von 18 Jahren.

Damit hat BP nun rechtliche Klarheit nach Jahren der Unsicherheit gewonnen. Mehr noch: Der Energiegigant kann weiter ungekürzt Dividenden zahlen und auch wieder neue Investitionen einplanen. Denn die finanziellen Spielräume dafür lassen sich nun leichter abschätzen.

Attraktiv für Übernahme

Das ist eine Trendwende. Denn in den Jahren seit der Katastrophe hat BP vor allem eines gemacht: sich gesund geschrumpft. Zuerst galt es, rasch einen Fonds für die unmittelbaren Kosten zu füllen. Dazu verkaufte man Ölfelder, freilich mit hohem Gewinn, weil darin neben dem schwarzen Gold auch hohe stille Reserven schlummerten.

Doch das Downsizing ging weiter. In der Branche steigen die Kosten und sinken die Margen, und das schon seit zehn Jahren. BP verkaufte seine weniger rentablen Pipelines und Bohrlöcher. „Wert statt Volumen“, war die Devise, die BP-Chef Bob Dudley ausgab. Heute ist der Konzern deutlich kleiner als vor der Katastrophe, auch der Börsenkurs liegt um 35 Prozent niedriger. Aber das Unternehmen macht Gewinne – 3,8 Mrd. Dollar im Vorjahr –, ist finanziell attraktiver und mit weniger Ballast im Gepäck auch wendiger als zuletzt. Die Anleger blicken nach vorne und spekulieren über Investitionsprojekte – oder gar die Übernahme durch einen Konkurrenten. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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