Der Goldpreis rutscht schon wieder ab

Gold bars from the vault of a bank are seen in this illustration picture taken in Zurich
Gold bars from the vault of a bank are seen in this illustration picture taken in Zurich(c) REUTERS (ARND WIEGMANN)
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Als Krisenmetall hat Gold vorerst ausgedient. Zu viele Marktteilnehmer haben kein Interesse an hohen Notierungen.

Nach klassischen Kriterien ist es schon erstaunlich: Da geht Griechenland den Bach hinunter, die Eurozone zeigt dabei nicht gerade Zeichen von Leadership, im Schatten der Griechenland-Wirren wird die Ukraine-Krise wieder mehr als heiß und zu allem Überfluss gibt auch noch der islamistische Terror Lebenszeichen von sich. Die klassische Mixtur also für eine richtige Preisexplosion beim Krisenmetall Gold.

Doch nichts geschieht. Im Gegenteil: Während das Gezerre um den Verbleib Griechenlands in der Eurozone immer neue Höhepunkte erreicht, taumelt die Goldnotierung in Dollar von einem Jahrestief ins nächste.

Was ist da los? Hat Gold seinen Status als Krisenmetall verloren? Bei den Kleinanlegern offenbar nicht. Denn das Geschäft mit Goldmünzen erlebt in Europa gerade einen ausgeprägten Boom. Aber der Münzenmarkt ist innerhalb des Goldsektors winzig. Zu klein jedenfalls, um den Markt signifikant zu bewegen.

Der wird derzeit eher von den Notenbanken beherrscht. Die sind aber an hohen Goldnotierungen beim besten Willen nicht interessiert. Das wäre bei ihren Bemühungen, Banken und Konjunktur mit riesigen Geldfluten funktionsfähig zu halten, kontraproduktiv. Nicht wenige Goldexperten werfen den Währungshütern massive Goldpreismanipulationen vor. Nach unten, versteht sich. Tatsächlich wird jeder Versuch des Goldpreises, sich übe 1200 Dollar je Feinunze festzukrallen, sofort abverkauft. Die Finanzbranche soll hier mit hohen Shortpositionen auf den Derivatmärkten kräftig mitmischen. Was heißt das jetzt für Anleger? Nun: Die Nachfrage nach physischem Gold wird in nächster Zeit hoch bleiben und im Fall eines Nein beim griechischen Votum noch kräftig zunehmen. Das wird aber nicht reichen, um den Preis ausreichend zu stützen.

Zudem schaut der Gold-Chart technisch zur Zeit reichlich angeschlagen aus. Leicht möglich, dass jetzt eine größere Abwärtsbewegung vor der Tür steht. Die Unterstützungslinien knapp unter 1200 Dollar, die bis vor Kurzem recht gut gehalten haben, wurden in den vergangenen Tage jedenfalls zertrümmert. Dazu kommt ein relativ starker Einbruch bei den Goldminenaktien. Und die gelten normalerweise als verlässlicher Vorlaufindikator.

Kurzum: Wer auf Rendite aus ist, lässt derzeit die Finger vom Gold. Außer natürlich, er ist in der Lage zu shorten. Das wäre in nächster Zeit die bessere Wahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2015)

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