Österreich haftet mit bis zu zehn Milliarden Euro für Athen

Nur ein Bruchteil der österreichischen Haftungen.
Nur ein Bruchteil der österreichischen Haftungen.Fabry
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Direkt hat Österreich zwar nur 1,56 Milliarden an Griechenland verliehen. Indirekt haftet die Republik aber auch über den Euro-Rettungsfonds EFSF oder die Europäische Zentralbank.

„Dieses Geld ist verloren, es wird nie mehr zurückkommen.“ Es sind drastische Worte, die der deutsche Ökonom Hans Werner Sinn gestern, Montag, auf die Frage nach den deutschen Haftungen für Griechenland findet. Seiner Meinung nach sind die rund 90 Milliarden, die Österreichs nördlicher Nachbar in Griechenland im Feuer hat, bereits abzuschreiben. Nun müsse vielmehr darauf geachtet werden, kein weiteres Geld mehr hinterherzuwerfen.

Von manchen Ökonomen wird dies zwar anders gesehen, unstrittig ist aber in jedem Fall, dass Deutschland bisher den größten Brocken der Griechenlandhilfe gestemmt hat. Wie hoch der Anteil der Hilfszahlungen und Haftungen ist, der auf die einzelnen Euroländer im Detail entfällt, zeigt eine aktuelle Analyse des dem österreichischen Ökonomen Eugen von Böhm-Bawerk gewidmeten Blogs bawerk.net, der sich dabei auf Daten von Eurostat, EFSF, EZB, der griechischen Zentralbank und des IWF beruft.

Demnach haben die Länder in Summe 342,7 Milliarden Euro nach Athen geschickt (siehe Grafik). Österreich liegt mit direkten Hilfen sowie Haftungen in Summe von 9,9 Milliarden Euro dabei an siebenter Stelle. Das entspricht etwa 2,9 Prozent des heimischen Bruttoinlandsprodukts und ergibt sich vor allem aus Haftungen.

Wie hoch ist das Risiko?

Die Analyse des Bawerk-Blogs kommt somit zu einem ähnlichen Ergebnis wie das Münchner Forschungsinstitut IFO, das per Ende März von einem Risiko für die heimischen Steuerzahler in Höhe von 9,2 Milliarden Euro ausgegangen ist, sowie die US-Ratingagentur Standard & Poor's. S & P errechnete für den Stichtag 31. Dezember 2014 für Österreich ein Risiko aus der Griechenlandhilfe in Höhe von 8,9 Milliarden Euro oder 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Anders sah die Situation zuletzt der heimische Finanzminister, Hans Jörg Schelling, in einem Interview mit der „Presse“ (Samstagsausgabe). „Wir haben einen bilateralen Kredit im Ausmaß von 1,56 Milliarden Euro. Der hat eine Laufzeit bis 2014, die Rückzahlung ist ab 2020 vereinbart. Derzeit ist bei diesem Kredit das einzige Bedrohungspotenzial, dass die Griechen die Zinsen in Höhe von 7,5 Millionen Euro nicht bezahlen können. Und das werden wir verkraften können“, so Schelling.

Auch die Haftung in Höhe von 3,9 Milliarden Euro für die EFSF bereitet Schelling kein großes Kopfzerbrechen. Dies, obwohl es bei einem Ausfall Griechenlands zu einem Schuldenschnitt gegenüber der EFSF kommen würde, der anteilig von den anderen Euroländern beglichen werden müsste, wie auch Schelling sagt. Entspannt ist Schelling auch bei den Verpflichtungen Griechenlands gegenüber der EZB. Denn diese sei „hervorragend dafür aufgestellt. Das Risiko ist also überschaubar“, so Schelling. (APA/jaz)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2015)

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