Putin buhlt um die Schwellenländer

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Die BRICS-Staaten treffen sich in Russland. Nicht zufällig: Seit dem Bruch mit dem Westen umwirbt Putin vor allem die Chinesen – und träumt bereits von einer neuen Weltordnung.

Peking/Ufa. Seit Russlands Ausschluss sind die sieben führenden westlichen Industriestaaten im Rahmen der G7-Gruppe wieder unter sich. Umso mehr wendet sich Russlands Präsident, Wladimir Putin, wieder dem Osten und den Schwellenländer zu – zur großen Freude der Chinesen.

Mit einem Gipfel im Doppelpack will der Kreml-Chef in den nächsten Tagen der Welt zeigen: Wir können auch ohne den Westen. An einem Treffen der BRICS-Staaten – der größten Schwellenländer – in der russischen Industriestadt Ufa nehmen ab Mittwoch die Regierungschefs von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika teil. Zum Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) gleich im Anschluss werden auch die Chefs der zentralasiatischen Staaten erwartet.

Die Chinesen jubeln: Russland werde den Schwerpunkt des wirtschaftlichen Aufbaus in den Fernen Osten verlegen, verkündet Chinas amtliche Nachrichtenagentur und beruft sich dabei auf ein Interview mit Russlands Vizepremier und Bevollmächtigtem für den fernöstlichen Landesteil, Juri Trutnew. Dieser bezeichnete China als „wichtigen Freund und Partner“. Vor allem die vor einem Jahr gegründete BRICS-Bank soll auf dem Gipfel Gestalt annehmen.

Lastwagen statt Kamele

Ufa werde den Startschuss geben für die praktische Arbeit, versprach Russlands Finanzminister, Anton Siluanow, im Vorfeld des Treffens. Die neue Bank könne etwa die Seidenstraße mitfinanzieren – ein von China initiiertes Projekt zur Wiederbelebung der antiken Handelswege, die Asien wieder mit Europa verbinden sollen. Statt Kamele sollen zwischen Zhengzhou, Nowosibirsk und Moskau nun Hochgeschwindigkeitszüge und Lastwagen auf modernen Autobahnen verkehren.

China verfolgt bereits seit geraumer Zeit das Ziel, Russland und Zentralasien stärker an die eigene Wirtschaft anzubinden. Damit stieß man aber anfangs auf wenig Gegenliebe. Die russische Seite war skeptisch, fürchtete sich vor der wirtschaftlichen Dominanz der Chinesen. Aber seit dem Bruch Russlands mit den USA und den EU-Staaten im Zuge der Ukraine-Krise gibt es eine deutliche Kehrtwende: Putin wendet sich verstärkt Peking und den anderen autoritären Staaten Zentralasiens zu.

Bei der BRICS-Bank etwa, die zu einem Konkurrenten der US-dominierten Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgebaut werden soll, war lange Zeit China der Antreiber. Als zweitgrößte Volkswirtschaft empfand es China als demütigend, so wenig Mitspracherecht zu haben. Doch nun prescht auch Moskau vor.

Europa muss draußen bleiben

Zwei Mrd. US-Dollar (1,81 Mrd. Euro) hat Russland für die neue BRICS-Bank bereits zugesagt. Zudem hat Moskau sämtliche Dokumente für die Gründung der Bank ratifiziert und erwartet nun, dass die anderen vier Partner nachziehen. Das Institut werde „eine der großen multilateralen Banken“, erklärte Finanzminister Siluanow.

Auch wenn China zuletzt der von ihr initiierten Asien-Entwicklungsbank (AIIB) größere Priorität eingeräumt hat, begrüßt Peking das Vorpreschen der Russen. „Endlich entstehen ernst zu nehmende Alternativen zu den bestehenden Institutionen“, freut sich der Ökonom Yuan Guangming von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Geld in die BRICS-Bank zu investieren, sei allemal sinnvoller für China, als damit US-amerikanische Staatsanleihen zu kaufen. Die Volksrepublik verfügt über die größten Währungsreserven der Welt.

Die BRICS-Staaten, die zusammen 40 Prozent der Weltbevölkerung und etwa 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen, haben in den vergangenen Jahren ihr Tätigkeitsfeld zwar deutlich ausgeweitet. Konkrete Projekte konnten sie bislang aber noch nicht vorweisen.

Die BRICS-Bank ist daher das erste große gemeinsame Vorhaben der fünf führenden Schwellenländer und soll als wichtiges Instrument im Kampf gegen Krisen auch anderen Ländern offenstehen. Nur die USA und die EU sollen draußen bleiben.

AUF EINEN BLICK

Die BRICS-Staaten rücken ab Mittwoch in der russischen Industriestadt Ufa enger zusammen. An dem Treffen nehmen die Regierungschefs der großen Schwellenländer teil: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Russlands Präsident, Putin, aus dem Kreise der G7 verbannt, will vor allem die Zusammenarbeit mit China ausbauen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2015)

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