Griechenland: Last-minute-Buchungen brechen ein

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Kurzentschlossene meiden Griechenland. Es gibt 30 Prozent weniger Last-minute-Buchungen.

Wien/Athen. Der österreichische Griechenland-Tourist hat ein stoisches Wesen. Wenn man den heimischen Reiseveranstaltern glauben darf, wird kaum storniert – was auch daran liegt, dass man die Stornogebühr in vollem Umfang zahlen muss, da keine Reisewarnung vorliegt. Bei den Neubuchungen sprechen die Veranstalter seit einer Woche zwar von einer „verhaltenen Buchungslage“. Die Rückgänge bewegen sich aber laut Thomas Cook und TUI nur im „hohen einstelligen Prozentbereich“.

Auch beim griechischen Tourismusverband Sete in Athen ist man vorsichtig optimistisch, dass die Lage noch zu retten ist. „Die Reiseveranstalter bringen weiter Touristen ins Land“, sagt Sete-Kommunikationschef Xenothon Petropoulos.

Individualreisen rückläufig

„Probleme machen uns aber die Individualtouristen. Vergangene Woche haben wir bei den Last-minute-Buchungen von Griechenland-Flügen einen Einbruch um 30 Prozent registriert.“

In Österreich sind aber offenbar auch die Individualtouristen unerschrocken: „Wir haben in der vergangenen Woche überhaupt keine Änderungen bei den Griechenland-Buchungen bemerkt. Die Lage ist völlig stabil“, heißt es bei der AUA. Auch Stornierungen seien kein Thema. Keineswegs stabil ist derzeit die finanzielle Lage der griechischen Hoteliers. Noch sei die Versorgung der Touristen gewährleistet, sagt Petropoulos. „Für etwa zwei Wochen können die Hotels noch von ihren Lagerbeständen leben. Bis dahin muss für die anstehenden Zahlungen eine Lösung gefunden werden.“

Momentan seien die griechischen Unternehmer wegen der Einschränkungen des Kapitalmarkts nicht dazu in der Lage, Geld ins Ausland zu überweisen, um etwa Lieferanten und ausländische Reiseveranstalter zu bezahlen. Dazu kommt dann noch das Bargeldproblem.

„Viele der heimischen Lieferanten wollen cash bezahlt werden“, sagt Petropoulos. Aktuell sind Bargeldbehebungen aber auf 60 Euro pro Tag limitiert.

Joannis Afukatudis, Chef von Thomas Cook, sieht hier absoluten Handlungsbedarf: „Das griechische Wirtschaftsministerium arbeitet an Ausnahmeregelungen für Hotels und andere Unternehmer, was etwa Auslandsüberweisungen betrifft.“ Das bestätigt auch Petropoulus. „Wenn hier in den nächsten Wochen eine politische Lösung gefunden wird, dann können wir die Situation unter Kontrolle halten.“

Brenzlig für Reiseagenturen

Schon jetzt brenzlig ist die Lage für griechische Reiseagenturen. Am Montag haben mehrere Fluggesellschaften, darunter Emirates, Virgin, Turkish Airlines, Qatar, Qantas, Air Baltic und Pegasus den griechischen Reisebüros und Reiseveranstaltern untersagt, ihre Flugtickets zu verkaufen. Die AUA zählt laut „Presse“-Nachfrage nicht dazu.

Die meisten nicht griechischen Reiseveranstalter, wie etwa Thomas Cook (Neckermann), haben sich vertraglich mit sogenannten Drachmen-Klauseln abgesichert: „Sollte es durch eine Währungsumstellung zu zusätzlichen Kosten kommen, übernehmen das die griechischen Hoteliers“, sagt Afukatudis. Trotz alledem werden griechische wie österreichische Reiseveranstalter nicht müde zu betonen, dass das Leben für Griechenland-Urlauber seinen normalen Gang geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2015)

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