Westexpansion: Chinesische Fosun im Kaufrausch

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Der größte private Mischkonzern, der auch in Hongkong gelistet ist, kauft die deutsche Privatbank Hauck & Aufhäuser. Es ist nicht die einzige Bank im Visier der Chinesen.

Hongkong/Frankfurt. Unbeirrt von den wirtschaftlichen Turbulenzen auf dem Heimmarkt setzt der chinesische Mischkonzern Fosun seine Einkaufstour im Westen fort. Der neueste Coup: Die traditionsreiche Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser (H & K) wird chinesisch. Fosun übernimmt zunächst 80 Prozent der Anteile an dem Institut, teilten beide Seiten am Mittwoch mit. Damit geht zum ersten Mal eine deutsche Bank mehrheitlich an einen Eigner aus China.

Fosun ist bereits mit knapp 20 Prozent an der Frankfurter BHF-Bank beteiligt, hat sich dort aber im Streit um den plötzlichen Abgang von Vorstandschef Björn Robens mit dem Hauptaktionär überworfen. Fosun zahlt bis zu 210 Millionen Euro für H & A, wenn auch noch die restlichen, kleineren Anteilseigner in den Verkauf einwilligen. Der Aktionärsausschuss unter dem Vorsitz des ehemaligen BayWa-Chefs, Wolfgang Deml, habe ihnen empfohlen, das Angebot anzunehmen, teilte H & A mit. Die Finanzaufsicht BaFin und andere Behörden müssten dem Einstieg von Fosun noch zustimmen.

H & K ist auch hierzulande keine Unbekannte: Sie interessierte sich für die Constantia Privatbank (jetzt Semper Constantia), scheute aber letztlich vor den hohen rechtlichen Risken. Die Bank hat 75 Eigentümer, die Liste liest sich wie das Who's who des deutschen Geldadels: Neben der Gründerfamilie Hauck halten zahlreiche deutsche Unternehmerfamilien Anteile, etwa Frank Asbeck, Vorstandschef der Solarworld, Hans Joachim Langmann, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Merck, die Familie Findel-Mast (Jägermeister), sowie Heraeus und Riegel (Haribo). Der Golfstaat Kuwait ist 2013 ausgestiegen, seine Anteile gingen an die übrigen Eigentümer.

Fosun, das größte in Privatbesitz befindliche Konglomerat in Festlandchina, verspricht sich von der Übernahme unter anderem „einen besseren Zugang zu weiteren Geschäftsmöglichkeiten in Europa“, heißt es in der Pflichtmitteilung an die Hongkonger Börse.

Chancen auf neue Kunden

H & A wiederum erhofft sich von dem neuen Eigentümer mehr Chancen für grenzüberschreitende Geschäfte und neue Kunden. Fosun sei ein „langfristig orientierter Investor, der die Tradition und Kultur von Hauck & Aufhäuser bewahren und dem Unternehmen neue internationale Perspektiven erschließen wird“, sagte Deml. In den vergangenen Jahren ist bei den Frankfurter Bankiers die Aufbesserung der Eigenkapitalquote im Vordergrund gestanden, auf Dividenden mussten die Eigentümer weitgehend verzichten.

2014 sank der Gewinn von sieben auf 4,7 Mio. Euro, bei einer Bilanzsumme von gut drei Mrd. Euro. Die Bank hat sich nach dem fehlgeschlagenen Ausflug ins Investmentbanking auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung für Mittelständler und freie Vermögensverwalter konzentriert. Doch die lukrativen Kunden sind hart umkämpft, die Margen schrumpfen. Ende 2014 lagen in den Depots der H & A-Kunden 35 Mrd. Euro.

Für Fosun, die zuweilen als Chinas Antwort auf Warren Buffett bezeichnet wird, bildet die Übernahme der Bank eine weitere von vielen Akquisitionen im Westen. Nach einer langen Bieterschlacht hat sich Fosun Anfang des Jahres den Club Med gesichert. Im Juni sind die Chinesen dann bei Thomas Cook eingestiegen. Nach einem Versicherer in Portugal hat der von vier Absolventen der Fudan-Universität 1992 in Shanghai gegründete Konzern die israelische Versicherung Phoenix gekauft. Als Interessent ist Fosun auch für die portugiesische Novo Banco und die polnische RBI-Tochter sowie die bekannte Sportbekleidungsfirma Bogner aufgetreten. (eid/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2015)

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