Iran: Wettrennen der Firmen beginnt

(c) REUTERS (Shailesh Andrade)
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Von dem Ende der Sanktionen könnten vor allem europäische Konzerne profitieren. Insbesondere Milcherzeuger und Autobauer wittern ihre Chance.

Wien. Nach dem Ende des Atomstreits mit dem Iran wittern Börsianer bereits ihre Chance. Denn aus dem Ende der Sanktionen gegen das Land dürften viele Konzerne großen Vorteil ziehen.

„Am unmittelbarsten profitieren die Unternehmen, die bereits im Iran präsent sind und die unter den Sanktionen gelitten haben“, sagt Ramin Rabii von der Teheraner Investmentboutique Turquoise Partners. Es könne jedoch noch sechs Monate dauern, bis der iranische Markt wieder zugänglich sei, meint Ross Denton, Partner bei der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie LLP. Für Unternehmen, die in Europa mit schwachem Wachstum konfrontiert sind, könnte sich das Warten jedoch lohnen.

„Die geografische Nähe Europas bietet gewisse Vorteile, vor allem für Massengüter wie Nahrungsmittel“, sagt Jan Dehn von der Ashmore Group. „Der Staat war ein sehr, sehr großer Importeur von Fetakäse aus Nordeuropa, und viele Milchprodukte werden wahrscheinlich sehr gut laufen.“

Der iranische Markt für Milchprodukte hatte im Jahr 2010 ein Volumen von 2,1 Mrd. Dollar und soll laut Euromonitor bis 2020 auf bis zu 18 Mrd. Dollar wachsen.

Der Handel mit dem Iran würde auch Milchprodukteherstellern helfen, die unter dem russischen Embargo für westliche Nahrungsmittel leiden. „Viele Hersteller hatten ihre Produktion hochgefahren, um die boomende Nachfrage aus Russland zu befriedigen, und stehen jetzt ohne Käufer da“, erklärt Euromonitor-Analystin Lianne van den Bos.

Iranische Reisende im Visier

Frankreich, das traditionell gute Beziehungen zum Iran hat, könnte sich das Ende der Sanktionen besonders zunutze machen. „Die französischen Autohersteller Renault und Peugeot haben ein großes, aber ruhendes Geschäft im Iran, das wahrscheinlich reaktiviert werden wird“, schreibt Mohamad Al Hajj von EFG-Hermes. „Der Iran war vor den Sanktionen der zweitgrößte Markt von Peugeot.“ Beide Hersteller wurden von der Schwäche auf ihren Heimatmärkten stark getroffen.

Auch sei Airbus gut positioniert, weil der Iran nach jahrelangem Embargo nur eine veraltete Flugzeugflotte besitzt. Neben dem Flugzeughersteller dürfen auch französische und italienische Luxusgüterfirmen auf Geschäfte hoffen. Wegen der strengen Vorschriften für Werbung allerdings weniger auf den Straßen von Teheran. Vielmehr werden die Unternehmen wohl versuchen, iranische Touristen in die Läden der Golfstaaten oder in Europa zu locken. „Der interessante Teil des Markts sind die Iraner, die oft ins Ausland reisen, und die Zunahme bei Auslandsreisen geht von den wohlhabendsten aus“, sagt Mario Ortelli, Analyst bei Sanford C. Bernstein. Er sieht unter anderem Louis Vuitton, Hèrmes und Prada als mögliche Profiteure, ebenso die Kering-Marken Gucci, Bottega Venetta und Yves Saint Laurent.

Gute Bedingungen?

Tabakfirmen haben ebenso ein Auge auf die Iraner geworfen, die jährlich rund 52,6 Mrd. Zigaretten rauchen, wie aus Daten von British American Tobacco hervorgeht. „Ich würde hier auf Philip Morris International, Japan Tobacco, BAT und Imperial setzen“, sagt Bloomberg-Intelligence-Analyst Kenneth Shea. Fraglich bleibt jedoch, welche Gewinne der Staat ausländischen Firmen erlaubt. Zudem steht noch die Billigung des Atomdeals durch den US-Kongress aus.

BP, Shell und Total haben bereits mitgeteilt, dass sie zu Investitionen im Iran bereit sind. Sie wollen aber sicher sein, dass die Bedingungen für eine Rückkehr in den Iran besser sind als jene Verträge, die den Ölfirmen Anfang 2000 angeboten wurden. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2015)

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