Athen muss ungeliebten IWF um Hilfe bitten

Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos
Griechenlands Finanzminister Euklid TsakalotosREUTERS
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Der Währungsfonds bestätigte in der Nacht auf Samstag das neue griechische Hilfsansuchen. In Griechenland wird zudem die Wiedereröffnung der Börse vorbereitet.

Griechenland hat beim Internationalen Währungsfonds (IWF) einen neuen Kredit mit einer dreijährigen Laufzeit beantragt. Der IWF bestätigte in der Nacht auf Samstag den Eingang eines entsprechenden Schreibens aus Athen. Der Brief an IWF-Chefin Christine Lagarde war zuvor vom griechischen Finanzministers Euklid Tsakalotos publik gemacht worden. Zuvor hatte das deutsche "Handelsblatt" berichtet, die Athener Regierung habe den Währungsfonds lediglich eingeladen, mit über das neue Rettungsprogramm zu verhandeln.

Die griechische Regierung hatte zuletzt immer wieder Vorbehalte zur Beteiligung des IWF an künftigen Hilfen geäußert. Dies war auch einer der Streitpunkte bei den jüngsten Brüsseler Verhandlungen gewesen, die schließlich den Weg für ein neues Griechenland-Hilfspaket der Geldgeber freimachten. Das aktuelle Hilfsprogramm des IWF läuft noch bis März 2016. Laut Beschluss des Euro-Gipfels von Mitte Juli musste das Land aber auch darüber hinaus Hilfen beim Währungsfonds beantragen.

Finanzkontrollen gelockert

Die griechische Regierung hat derweil die Finanzkontrollen für Unternehmen und ins Ausland reisende Griechen nach knapp vier Wochen gelockert. Somit können Unternehmen wieder Zahlungen im Ausland leisten und Griechen bei Reisen ab sofort 2000 statt bisher 1000 Euro mitnehmen. Reedereien sei es zudem gestattet, bis zu 50.000 Euro pro Tag abzuheben, teilte das Finanzministerium am späten Freitagabend mit.

Außerdem erhöhte die griechische Zentralbank das Limit für Unternehmen bei Auslandsüberweisungen von 50.000 auf 100.000 Euro. Wegen der Finanzkontrollen mussten sich die Firmen bisher eine Genehmigung holen, wenn sie das Limit überschreiten wollten. Die Änderungen deckten somit 70 Prozent der Transaktionen ab, sagte Notenbankchef Ioannis Stournaras.

Das pleitebedrohte Griechenland hatte die Kapitalverkehrskontrollen am 29. Juni auf Druck der Geldgeber eingeführt, um sein Finanzsystem zu stabilisieren und seinen angeschlagenen Banken etwas Luft zu verschaffen. Am Montag öffneten nach drei Wochen wieder die Banken in Griechenland, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) zuvor die Nothilfen für die griechischen Geldhäuser erhöht hatte.

Börse soll wieder öffnen

Griechenland bereitet nach einer einmonatigen Schließung auch die Wiedereröffnung der Athener Börse vor. Ein Sprecher des Betreibers sagte am Freitag, ein entsprechender Vorschlag sei an die Europäische Zentralbank (EZB) geschickt worden, um die Währungshüter nach ihrer Meinung zu befragen. Die Entscheidung liege beim Finanzministerium in Athen.

Nach den Plänen könnten ausländische Investoren ihre Anteile verkaufen und ihr Geld aus dem Euro-Staat abziehen, während dies inländischen Anlegern wegen der Beschränkungen des Kapitalverkehrs verwehrt bliebe. Sollte die Regierung schnell entscheiden, könnte am Montag in Athen wieder mit Aktien gehandelt werden. Wegen der dramatischen Zuspitzung der Schuldenkrise ist die Börse seit dem 29. Juni geschlossen.

Griechenland ist langsam wieder auf dem Weg zur Normalität, nachdem sich die Regierung mit den internationalen Gläubigern auf eine Brückenfinanzierung einigen konnte. So wurden die Kapitalverkehrskontrollen am Freitag gelockert. Firmen dürfen nun mehr Geld ins Ausland überweisen, um den Import von Rohstoffen zu erleichtern.

Hilfspaket verzögert sich

Die Verhandlungen über neue Milliardenhilfen für Griechenland werden indes erst in einigen Tagen in Athen beginnen. Die Vertreter der ehemals als Troika bekannten Institutionen würden "in den kommenden Tagen" erstmals wieder in die griechische Hauptstadt reisen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag. Der genaue Zeitpunkt bleibe offen.

Ursprünglich wurde der Beginn der Verhandlungen schon für Freitag erwartet worden. In der Nacht auf Donnerstag hatte das griechische Parlament ein zweites Maßnahmenpaket verabschiedet, das zu den von den Geldgebern geforderten Vorbedingungen für ein drittes Kreditprogramm von 86 Milliarden Euro gehört. Aus dem griechischen Finanzministerium verlautete anschließend, dass erste Verhandlungen mit Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Euro-Stabilisierungsfonds ESM und des Internationalen IWF bereits am Freitag in Athen stattfinden sollten. In Brüssel und Washington wurde der Termin aber nicht bestätigt.

(APA/AFP/Reuters)

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