Was im griechischen Gesundheitssystem schiefläuft

(c) Clemens Fabry
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Die Griechen könnten mit dem stärkeren Einsatz von Generika locker einige Milliarden einsparen. Denn der Marktanteil der günstigeren Medikamente liegt nur bei fünf Prozent. In Österreich sind es dagegen 38,7 Prozent.

Wien/Athen. Im griechischen Gesundheitssystem gab es in den vergangenen Jahren massive Einsparungen. Die Krankenhäuser klagen bereits über einen Personalmangel. Immer mehr Fachärzte verlassen das Land. In Deutschland sind bereits über 3000 griechische Mediziner tätig. Experten sind jedoch der Ansicht, dass in Griechenland an der falschen Stelle gespart wird.

Der Branchenverband Pro Generika macht nun darauf aufmerksam, dass in Griechenland der Anteil der Generika nur bei fünf Prozent liegt. Damit gehört das Land in Europa zu den Schlusslichtern.

Generika sind nachgeahmte Produkte von Originalmedikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist. Sie sind daher wesentlich günstiger. „Generika haben den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirkung und das gleiche Sicherheitsprofil wie bewährte Arzneimittel mit Markennamen.

Sie werden wie Originalprodukte streng geprüft, können jedoch wesentlich preiswerter hergestellt werden“, heißt es auf der Homepage des österreichischen Gesundheitsministeriums.

Enormes Sparpotenzial

In Österreich kamen Generika gemessen am Umsatz zuletzt auf einen Marktanteil von 38,7 Prozent. In anderen Ländern wie Deutschland, Dänemark, Schweden und den Niederlanden ist der Anteil noch wesentlich höher. Der EU-Durchschnitt liegt bei 60 Prozent. Laut Berechnungen des Verbands Pro Generika würde das deutsche Gesundheitssystem ohne den Einsatz von günstigeren Medikamenten um 14,5 Milliarden Euro mehr kosten. Auch in Österreich könnte man mit dem verstärkten Verkauf von Nachahm-Präparaten pro Jahr hunderte Millionen Euro einsparen, sagt der heimische Generikaverband.

„Führt man sich vor Augen, dass Generika in Deutschland ab Werk durchschnittlich um zwei Drittel günstiger sind als patentfreie Erstanbieterpräparate, lässt sich ermessen, welche Sparpotenziale Generika auch in Griechenland stiften können“, heißt es in einer Stellungnahme von Pro Generika. Warum verschreiben griechische Ärzte trotzdem lieber die teuren Medikamente?

Begründet wird dies meist mit der Macht der Pharmafirmen, die ihre Produkte besonders gut vermarkten. Ein Beispiel dafür ist der Blutdrucksenker Diovan von Novartis. Viele Griechen nehmen das Medikament auch nach Auslaufen des Patentschutzes, obwohl es um 48 Prozent teurer ist als das Generikum. In Deutschland dagegen ist der Marktanteil von Diovan laut Bloomberg-Bericht auf vier Prozent gesunken. „Bemühungen um eine vermehrte Marktverbreitung von Generika in Griechenland haben bislang keinen Erfolg gezeigt, weil die Interessen der Pharmaindustrie bei ihren Marken sehr stark sind“, heißt es im griechischen Gesundheitsministerium.

Dabei kamen viele internationale Pharmafirmen den Griechen entgegen und senkten die Preise für Medikamente. Doch viele Konzerne beklagen, dass die Arzneimittel nicht bei den Patienten ankommen, sondern von den Griechen zu höheren Preisen im Ausland weiterverkauft werden.

Die internationalen Geldgeber verlangen von der Athener Regierung, dass nicht rezeptpflichtige Medikamente künftig nicht nur in Apotheken, sondern auch in Supermärkten verkauft werden dürfen. Mit der Liberalisierung sollen die Preise sinken. Doch die Apotheker laufen dagegen Sturm.

Auf einen Blick

Seit Ausbruch der Krise wird im griechischen Gesundheitssystem massiv gespart. Den Krankenhäusern geht das Geld aus. Viele Griechen haben keine Sozialversicherung. Sie werden in gemeinnützigen Krankenstationen, die auf Spendenbasis arbeiten, behandelt. Experten sind der Meinung, dass in Griechenland an der falschen Stelle gespart wird. So könnte man mit dem stärkeren Einsatz von Generika locker einige Milliarden einsparen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2015)

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