"Deutschland von Zuwanderung abhängig"

Bloomberg
  • Drucken

Der Chef des DIW-Wirtschaftsinstituts drängt auf ein Einwanderungsgesetz. Der Regierung in Berlin wirft er vor, die Augen vor der Realität zu verschließen.

Deutschland braucht aus Sicht des Wirtschaftsinstituts DIW ein Einwanderungsgesetz. "Zur Sicherung des Wohlstands ist Deutschland immer stärker auf Zuwanderung angewiesen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Als Grund nannte er den zunehmenden Mangel an Fachkräften und die demografische Entwicklung. "Wir benötigen ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung lenkt und auch die Interessen der deutschen Wirtschaft berücksichtigt."

Die Regierung dürfe nicht länger die Augen vor der Realität verschließen, kritisierte Fratzscher. CDU und CSU lehnen bisher ein Einwanderungsgesetz mehrheitlich ab, allerdings deutete sich zuletzt Bewegung in der Frage an.

Alle Zuwanderer "prinzipiell eine große Chance"

Die deutsche Wirtschaft benötige von der deutschen Asyl- und Zuwanderungspolitik mehr Planungssicherheit. Fratzscher: "Niemandem ist geholfen, wenn Asylbewerber nach einer erfolgreichen Integration doch ausgewiesen werden." Alle Zuwanderer, gleich ob aus der EU oder von außerhalb, bedeuteten "prinzipiell eine große Chance" für Deutschland. Auch Asylsuchende könnten einen wertvollen Beitrag für die deutsche Wirtschaft leisten.

Allerdings ist es für Asylwerber generell schwierig, in Deutschland einen Job zu ergattern. In den ersten drei Monaten gilt ein Arbeitsverbot.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte am Donnerstag erneut einen besseren Zugang für ausländische Fachkräfte zum deutschen Arbeitsmarkt gefordert. "Der Bedarf der Unternehmen an qualifizierten Fachkräften bleibt hoch", hatte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer erklärt. Auch unter den Asylwerbern seien viele, die kaum Chancen auf Asyl hätten, aber am Arbeitsmarkt gebraucht würden.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hatte am Donnerstag gesagt, die Behörde rechne mit 100.000 arbeitssuchenden Asylwerbern im heurigen Jahr. Wegen des demografischen Wandels werde die Zahl der Erwerbspersonen bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um acht Millionen zurückgehen, sagte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker. Bisher ist das Asylsystem strikt von anderen Zuwanderungsoptionen getrennt. Flüchtlinge können aus einem laufenden Asylverfahren heraus kein Arbeitsvisum beantragen.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.