Kommt das Euro-Comeback erst 2017?

(c) EPA (Karl-Josef Hildenbrand)
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Die günstigen Zinsen im Euroraum sorgen dafür, dass sich auch US-Firmen in Europa verschulden. Langfristig wird dies die Einheitswährung wieder steigen lassen.

Wien. Unternehmen rund um den Globus haben sich in jüngster Zeit die extrem niedrigen Fremdkapitalkosten in Europa zunutze gemacht und allein heuer bereits die beispiellose Summe von 157 Milliarden Euro über Anleihen aufgenommen. Mittelfristig wird dies die Gemeinschaftswährung unter einen Aufwertungsdruck setzen, erwartet der Vermögensverwalter und ehemalige Volkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF) Stephen Jen. Denn sobald diese Anleihen am Ende ihrer Laufzeit wieder zurückgezahlt werden, werde eine aufgestaute Nachfrage nach Euro freigesetzt. So ähnlich wie der Anstieg bei US-Dollar-Emissionen zum Ende des vergangenen Jahrzehnts dem „Greenback“ nun einen Schub gibt.

„Der Euro scheint hinsichtlich der Structural Shorts in dieselbe Richtung zu gehen wie der Dollar nach der Krise“, sagte Jen, Gründer des Londoner Hedgefonds SLJ Macro Partners. „Das wird dem Euro in drei bis fünf Jahren Unterstützung bringen.“ Den Rest dieses Jahres dürfte es laut von Bloomberg befragten Währungsanalysten aber weiter nach unten gehen, eine Erholung dürfte erst 2017 einsetzen. Die Median-Prognose sagt für die Gemeinschaftswährung Ende 2015 einen Kurs von 1,05 Dollar voraus, der dann im folgenden Jahr auf 1,06Dollar und 2017 auf 1,11 Dollar steigen würde. Der Kurs ist seit Mai 2014 um 20 Prozent abgerutscht.

Der Euro folgt dem Dollar

Die Hauptursache für den Rückgang der Gemeinschaftswährung liegt in der Divergenz der geldpolitischen Ausrichtung in den USA und dem Euroraum begründet. Während die EZB zugesagt hat, bis weit in das Jahr 2016 hinein billiges Geld in die Wirtschaft zu pumpen, bereitet sich die Federal Reserve auf eine Anhebung ihres niedrigen Leitzinses vor, möglicherweise schon im September.

Das ist der Grund dafür, dass sich Unternehmen günstiger denn je in Euro finanzieren können. Die Fremdkapitalkosten fielen im März auf ein Rekordtief von 0,85 Prozent, wie Indizes von Bank of America zeigen. Blackrock und der Pharmahersteller Eli Lilly & Co. gehören zu den US-Unternehmen, die in diesem Jahr erstmals Anleihen in Euro begeben haben. Auch die Kredite in der Einheitswährung sind gestiegen: Nichtbanken außerhalb Europas waren der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge Ende September vergangenen Jahres 1,3 Billionen Euro schuldig, fast fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Wie es aussieht, folgt der Euro dem Weg des „Greenback“. Der Dollar Spot Index war in den zwei Jahren bis zum März 2009 um mehr als 15 Prozent gesunken, als die Fed nach der Finanzkrise ihre Geldpolitik lockerte und Finanzmittel in die Wirtschaft pumpte.

Ein Anstieg bei den Dollar-Finanzierungen zu der Zeit trug zu den Verlusten bei, da mehr Geld in Umlauf gebracht wurde. Die Verbindlichkeiten von Schuldnern außerhalb der USA addierten sich laut BIZ-Daten auf den Rekordwert von neun Billionen Dollar. Der derzeitige Anstieg bei der Kreditaufnahme in Euro wird laut Analysten ebenfalls einen Anstoß für eine Aufwertung der Gemeinschaftswährung geben, sobald die EZB mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik beginnt. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2015)

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