Athen: Neuwahlen im Herbst für Regierung "wahrscheinlich"

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GREECE PARLIAMENTAPA/EPA/ORESTIS PANAGIOTOU
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Auch Premier Tsipras hatte einen vorgezogenen Urnengang nicht ausgeschlossen. Ungeachtet dessen deute für EU-Kommissionschef Juncker bei den Gläubiger-Verhandlungen alles auf eine Einigung hin.

In Griechenland könnten noch in diesem Jahr vorgezogene Neuwahlen stattfinden. "Wahlen im Herbst sind wahrscheinlich", sagte Regierungssprecherin Olga Gerovasili am Mittwoch dem Radiosender Vima. "Es hängt hauptsächlich davon ab, wie stabil die Regierung in der kommenden Zeit sein wird."

Wegen des Richtungsstreits in seiner Syriza-Bewegung hatte Premier Alexis Tsipras bereits vergangene Woche Neuwahlen nicht ausgeschlossen. Zuvor hatte der linke Flügel der Partei zwei Mal gegen Reform- und Sparmaßnahmen gestimmt, die Bedingung für neue Finanzhilfen der internationalen Geldgeber waren. Fast jeder Vierte Syriza-Abgeordnete verweigerte seine Zustimmung, nur mithilfe der Opposition kam jeweils eine Mehrheit zustande.

Juncker glaubt an positiven Abschluss

Dennoch ist EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betreffend der Gläubiger-Verhandlungen mit Athen zuversichtlich und glaubt an einen Abschluss bis zum 20. August. "Alle Berichte, die ich erhalte, deuten auf eine Einigung diesen Monat hin, vorzugsweise vor dem 20.", wenn Griechenland 3,4 Mrd. Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen muss, sagte Juncker am Mittwoch.

Ministerpräsident Alexis Tsipras zufolge stehen Griechenland und seine Geldgeber  kurz vor einer Verständigung auf ein drittes Hilfspaket. "Wir sind auf der Zielgeraden für eine Vereinbarung mit den Institutionen", sagte der Regierungschef am Mittwoch in Athen. Er hoffe, dass es trotz aller Schwierigkeiten eine Verständigung gebe, die die Unsicherheit für Griechenland und die Eurozone beendete.

Deadline 20. August

Vertreter der internationalen Geldgeber verhandeln seit vergangener Woche mit Athen über die Bedingungen für weitere Hilfszahlungen. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten verliefen die Gespräche inzwischen für beide Seiten "befriedigend", sagte Juncker. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos hatte am Dienstag gesagt, die Gespräche liefen "mindestens so gut, wie wir erwartet haben". Er äußerte sich zuversichtlich zu einer Einigung mit den Geldgebern.

Dennoch stehen die Verhandler unter Zeitdruck. Sollte keine Einigung bis zum 20. August gelingen, "werden wir eine neue Brückenfinanzierungsrunde arrangieren müssen", sagte Juncker. Bei dem neuen Hilfsprogramm geht es um 86 Mrd. Euro von EZB, IWF, EU-Kommission und dem Europäischen Stabilitätsfonds (ESM).

Differenzen mit IWF: "Übertrieben"

Juncker nannte Berichte über Differenzen zwischen den EU-Staaten und dem IWF über dessen Forderung nach einem Schuldenschnitt für Griechenland "übertrieben". Besonders Deutschland und nordeuropäische Eurostaaten lehnen weitere Schuldenerleichterungen für das hoch verschuldete Land ab. "Ich denke, die Leute übertreiben ein wenig", sagte Juncker. "Der IWF ist da in Athen und das Einvernehmen zwischen den Institutionen ist sehr gut."

"Hätten wir das schwächste Land rausgeschmissen, hätten die Finanzmärkte das nächstschwächste aufgespürt", sagte Juncker zu einem Grexit. "Ich habe niemals jemanden getroffen, der mir im Detail richtig erklären konnte, was die realen Konsequenzen eines Grexit sein würden." Die griechische Schuldenkrise zeige die Bedeutung der europäischen Solidarität und die Notwendigkeit, die Integration der Eurostaaten zu erhöhen, sagte der EU-Kommissionspräsident.

Scholten für unbefristete Anleihen

Indes schlägt der österreichische Kontrollbank-Chef Rudolf Scholten vor, der Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB) sollten ihre Griechenland-Anleihen in "Perpetuals", also Anleihen mit unbefristeter Laufzeit, umwandeln. Damit wäre für die Gläubiger die Sorge vor einer baldigen Pleite vom Tisch, sagte Scholten im Gespräch mit "Forbes". Denn die Zinsen könne Griechenland wahrscheinlich zahlen.

Auch wenn dann andere Staaten ebenfalls solche "Perpetuals" fordern sollten, wäre das kein Problem, meint der frühere SPÖ-Unterrichts-, Wissenschafts- und Verkehrsminister. Denn es würden ohnehin fällig werdende Schulden über neue Papiere finanziert. Wenn es aber kein Verfallsdatum gebe, dann gebe es auch keine "künstlichen Deadlines" für eine Rückzahlung, die einen Zahlungsausfall provozieren könnten.

(APA/AFP)

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