Der Prinz wird 60

GERMANY COOKIES DE BEUKELAER
GERMANY COOKIES DE BEUKELAEREPA
  • Drucken

Die Prinzen Rolle feiert heuer ihren 60. Geburtstag und ist nach wie vor ein Verkaufsschlager. Hinter dem Erfolg stehen zwei Unternehmerfamilien. Die deutsche Familie Gries schlug dabei selbst Danone ein Schnippchen.

Auch wenn der Prinz nach wie vor jugendlich von der Verpackung lacht: Die Werbefigur des meistgekauften Kekses im deutschsprachigen Raum, der Prinzen Rolle, ist eigentlich schon ein betagter Herr. In Deutschland feiert der Butterkeks-Doppeldecker mit Schokocremefüllung heuer seinen 60. Geburtstag. In seiner frankobelgischen Originalvariante gibt es das Keks sogar schon seit 145 Jahren.

Die „Geburt“ der Prinzen Rolle geht auf das Jahr 1870 zurück. Damals kreierte der 29-jährige Edouard de Beukelaer in einer behelfsmäßigen Produktionsstätte im belgischen Antwerpen das gefüllte Doppelkeks und gab ihm den Namen „le petit prince fourré“ – der kleine gefüllte Prinz. Der wappenähnliche Prinzenaufdruck wurde zum Gütesiegel. De Beukelaers Sohn – in royaler Tradition Edouard der II. genannt, eröffnete im Jahr 1955 in Kempen am Niederrhein (Nordrhein-Westfalen) die „flämische Keksfabrik“, bald folgte die Umbenennung in die Prinzen Rolle für den deutschen Markt.

35 Millionen 400-Gramm-Rollen werden heute pro Jahr verkauft. Statistisch isst somit jeder Deutsche und Österreicher knapp eine halbe Rolle im Jahr. Dieser Wert ist auch seit Längerem stabil. „Viel Wachstum geht da nicht mehr“, sagt Peter Gries, Spross der heutigen Eigentümerfamilie und Unternehmenssprecher im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Dies, obwohl man mit Produkten wie den Minis oder einer Vollkornvariante versuche, eine neue, jüngere Zielgruppe zu erreichen.

Aber auch schon in den vergangenen Jahrzehnten hat sich die äußerlich vorgeblich weitgehend gleich gebliebene Rolle stetig verändert. So wurde die Rezeptur von Keks und Schokofüllung regelmäßig an die veränderten Wünsche der Konsumenten angepasst. Mal hätten die Leute lieber mehr Keks gehabt, dann wieder mehr Creme, die Creme einmal weicher und dann wieder fester, das Keks knuspriger oder wieder weniger cross. Auch eine Variante mit weniger Zucker habe man getestet, die sei aber gar nicht gut angekommen. „Ein Keks ist eben ein Genussmittel und kein Diätnahrungsmittel“, sagt Gries,

Die Prinzen Rolle ist heute das Zugpferd des deutschen Familienunternehmes Griesson-DeBeukelaer. Bis es so weit kam, hatte das Unternehmen aber eine bewegte Geschichte hinter sich. 1968 erwarb der französische Konzern Danone das erfolgreiche Keks, richtig „deutsch“ wurde die Prinzenrolle dann erst im Jahr 1999, als die Danone-Kekssparte General Buiscuits sich am deutschen Familienunternehmen Griesson mit 40 Prozent beteiligte und Griesson mit De Beukelaer fusionierte. Griesson war zu diesem Zeitpunkt vor allem für seine mit Fruchtgelee gefüllten Soft Cakes bekannt und brauchte noch eine zugkräftige Marke.


Lebkuchen und Softcakes. Griesson (für Gries und Sohn) hatte einen ähnlich soliden Aufstieg hinter sich wie De Beukelaer. 1892 vom Bäckermeister Gottlieb Anton Gries in Kobern an der Mosel gegründet, errichtete dessen Sohn Hans Gries 1924 eine erste Lebkuchenfabrik, in der aber nur saisonal produziert wurde. Nach der Übernahme durch dessen Sohn Heinz Gries in den Fünfzigerjahren kam richtig Schwung in die Sache. Mit dem vom englischen Jaffa Cake abgeschauten Soft Cake konnte erstmals ein Keks durchgehend das ganze Jahr produziert werden. Fortan wuchs das Unternehmen stetig, wobei sein Ruf in der Branche nicht immer zum besten stand.

Mit „Hallo, Sie Nachmacher“, soll Hermann Bahlsen Heinz Gries in den Achtzigerjahren auf einer Süßwarenmesse begrüßt haben. Griesson hatte 1983 ein Schoko-Butterkeks auf den Markt gebracht, das dem „Original mit den 52 Zähnen“ von Bahlsen verdächtig ähnlich sah. Die Prinzen Rolle im Sortiment half zudem dabei, die Marke Griesson-de Beukelaer jüngst auch international bekannt zu machen.

Der Mann, der das Unternehmen aufgebaut und groß gemacht hat, Heinz Gries, ist mittlerweile 80, begeht seinen runden Geburtstag aber wesentlich leiser als der Prinz auf seinen Keksen, der den ganzen Sommer über auf Promotour durch die deutschen Lande tingelt. Heinz Gries hat sich schon vor Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Und hat – sehr unüblich für einen Familienpatriarchen des alten Schlages – mit Andreas Land einen externen Manager an die Spitze seines Unternehmens gesetzt und diesen auch noch mit fünf Prozent (heute sind es bereits sechs) an seiner Firma beteiligt. Land wechselte 1998 von Danone zu Griesson – ein Umstand, der Griesson ein Jahr später, bei den Übernahmeverhandlungen mit Danone, sehr zugutekam. „Wir hatten damals einen privilegierten Einblick. Die meisten Leichen im Keller hatte ich selbst vergraben“, sagte Land einmal in einem Interview.


Eine Überraschung für viele in der Branche war, dass Danone sich einst mit einem 40-Prozent-Anteil an Griesson begnügte. Noch überraschender war, dass Griesson im Jahr 2007 diesen Anteil von Danone wieder zurückkaufte – inklusive De Beukelaer. „Wir wussten, dass damals die gesamte Kekssparte von Danone zum Verkauf stand“, sagt Peter Gries. „Außerdem war es schon seit einiger Zeit schwierig, Dinge umzusetzen, da die Entscheidungsträger bei Danone schneller gewechselt haben als die Blumen wachsen.“ Kurz nachdem der Deal über die Bühne gegangen war, ging Danone General Biscuits an Kraft (heute Mondelez).

Mit der vollständigen Übernahme der Prinzen Rolle gelang Griesson somit ein wahrer Coup. Denn wie wichtig die langjährige Kundenbindung im Keksbereich ist, zeigt ein anderes Beispiel. So macht Konkurrent Bahlsen Griesson hierzulande vor allem bei einem Keks zu schaffen: „Österreich ist das einzige Land europaweit, in dem Messino die Nase vorn hat. Überall sonst sind wir mit dem Soft Cake Marktführer“, sagt Peter Gries. „Bahlsen war da einfach mit dem Marketing schneller, der Messinogeschmack ist in Österreich historisch etabliert.“

Wer den Keksherstellern auch immer mehr Umsatzanteile wegknabbert, ist der Diskont mit seinen Eigenmarken. Laut GfK kontrollierten die Handelseigenmarken im Jahr 2013 bereits knapp die Hälfte des Süßwarenmarktes. Wobei Griesson diesen schon sehr früh – in den Siebzigerjahren – als Partner entdeckt hat. „Wir machen Handelsmarken. Dazu bekennen wir uns“, sagt Gries. Dass das Monarc Doppelkeks von Hofer und Aldi in Wahrheit von Griesson-de Beukelaer produziert wird, gilt als offenes Geheimnis.


Keine Erbstreitigkeiten. Heute ist Griesson-de Beukelaer mit einem Umsatz von stabil über 500 Millionen Euro pro Jahr und einem Marktanteil von knapp acht Prozent am deutschen Markt der zweitgrößte Kekshersteller im deutschsprachigen Raum nach Bahlsen (Marktanteil rund elf Prozent). Damit das im Familienbesitz befindliche Unternehmen nicht durch Erbstreitigkeiten negativ beeinflusst wird, habe sein Vater mit der Familienstiftung die „ideale Lösung für die Nachfolgegenerationen“ gefunden, findet Gries. Als Entmachtung der Familie empfindet er das nicht. „Ich kann selbst nicht überblicken, ob meine drei Geschwister und deren Kinder sich nicht irgendwann in die Wolle kriegen.“

Man sehe ja an anderen Beispielen, etwa am deutschen Tortenproduzenten Coppenrath & Wiese oder auch in Österreich bei den Niemetz-Schwedenbomben, was passiere, wenn die Unternehmensnachfolge in Familien nicht gut über die Bühne gehe. Bei Griesson-de Beukelaer soll das nicht passieren, damit es die Prinzenrolle auch – zumindest – weitere 60 Jahre noch gibt.

Backfrisch

Marktanteile. Nach Umsatz rangiert im Keksmarkt Bahlsen in Deutschland (11,2 Prozent) und Österreich (25,4 Prozent laut Marktforscher Nielsen) an erster Stelle. Auf Platz zwei folgt in Deutschland Griesson-DeBeukelaer mit 7,7 Prozent. Platz drei belegt Mondelez, zu dem auch Kraft gehört, (Lu, Oreo, Milka) mit sechs Prozent.

Steckbrief

Peter Gries. Ist als einziges Mitglied der Familie Gries noch operativ bei Griesson-de Beukelaer als Unternehmenssprecher tätig. Außerdem ist er Mitglied im Stiftungsrat der Familienstiftung, die sein Vater, Heinz Gries, eingerichtet hat. Geleitet wird das Unternehmen von Andreas Land, der von Danone General Biscuits (heute Mondelez) zu Griesson- de Beukelaer wechselte.

Prinzen Rolle.
Das mit Schokocreme gefüllte Doppelkeks erlebte seine Geburtsstunde als „le petit prince fourré“ 1870 im belgischen Antwerpen. 1955 übersiedelte die Herstellerfamilie De Beukelaer die Produktion nach Kempen in Deutschland, das Keks erhielt den Namen Prinzen Rolle. 1968 wurde De Beukelaer von Danone geschluckt, 1999 wurde es von Griesson übernommen. Von der Original-Prinzen-Rolle werden im Jahr 35 Millionen 400-Gramm-Rollen verkauft.

Katharina Roßboth

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.