China: Ruf nach billigem Geld

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Auch die Erzeugerpreise in China fallen auf den tiefsten Stand seit Jahren. Ökonomen fordern eine weitere Zinssenkung.

Peking. 5,4 Prozent billiger gaben es Chinas Produzenten im Juli, um ihre Waren noch an den Mann zu bringen. Diese Zahl, die in der Nacht auf Sonntag von Peking aus durch alle Nachrichtenagenturen der Welt gespült wurde, ist nicht mehr als ein weiteres Indiz für das, was ohnedies alle längst zu wissen glauben: Pekings Wirtschaftsboom ist zu Ende.

Weitere Indizien gefällig? Die Exporte brachen im Juli um 8,3 Prozent ein. Die Importe sanken um 8,1 Prozent. Offiziell erreicht die chinesische Realwirtschaft ihr Wachstumsziel von sieben Prozent bisher zwar, doch diese Zahlen glaubt im Westen kaum noch jemand. Und in China offenbar auch nicht. Die Börse in der Volksrepublik, wo beinahe ausschließlich chinesische Anleger aktiv sind, ist seit Juni um fast ein Drittel abgestürzt. Vertrauen in die Wirtschaftsstärke des eigenen Landes sieht anders aus.

Peking will Binnenkonsum stärken

Angesichts dieser Meldungen gerät die chinesische Zentralbank zunehmend unter Druck, die Geldpolitik weiter zu lockern. Commerzbank-Ökonom Zhou Hao aus Singapur sagte, darauf müsse die Geldpolitik reagieren. Denn vor allem Unternehmen zögern derzeit mit Investitionen, auch weil Banken in der Furcht vor weiteren Kreditausfällen weniger Darlehen vergeben.

Die Notenbank werde die Leitzinsen wohl noch einmal senken, so Zhou Hao. Seit November hat diese bereits in vier Schritten Geld billiger gemacht. Eine so aggressive Lockerung hat das Land seit fast sieben Jahren nicht mehr gehabt.

Die Regierung in Peking versucht derzeit, mit Reformen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA umzubauen. Sie soll weniger abhängig von Exporten werden. Der Konsum soll stattdessen gestärkt, Korruption bekämpft werden. Die Kommunistische Partei hat betont, dafür auch ein langsameres Wachstum in Kauf zu nehmen. 2014 hatte es nach offiziellen Daten noch zu einem Plus von 7,4 Prozent gereicht. Die 2015 angestrebten sieben Prozent wären der niedrigste Wert seit einem Vierteljahrhundert.

Die Verbraucherpreise stiegen im Juli um 1,6 Prozent. Das war zwar etwas höher als die 1,4 Prozent aus dem Vormonat und die von Analysten erwarteten 1,5 Prozent. Die Regierung strebt jedoch eine Rate von rund drei Prozent an. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2015)

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