Athen: Sparpaket nur dank Opposition beschlossen

Greek Prime Minister Tsipras and Economy Minister Stathakis attend a parliamentary session in Athens
Greek Prime Minister Tsipras and Economy Minister Stathakis attend a parliamentary session in AthensREUTERS
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Das griechische Parlament in Athen hat das dritte Euro-Hilfsprogramm und die damit verbundenen Sparauflagen gebilligt. Doch Premier Tsipras verfehlt die Regierungsmehrheit. Er will die Vertrauensfrage stellen.

Das Parlament in Athen hat Freitagfrüh mit klarer Mehrheit das neue Hilfsprogramm und die damit verbundenen Sparauflagen der Gläubiger gebilligt. Nach einer mehr als siebenstündigen nächtlichen Debatte votierten 222 der 297 anwesenden Abgeordneten mit "Ja" und 64 mit "Nein", 11 enthielten sich. Premier Tsipras verfehlte jedoch erneut die Regierungsmehrheit und will die Vertrauensfrage stellen. In der Parlamentsdebatte hatte der Premier noch einmal eindringlich um Zustimmung zu dem Abkommen mit den Gläubigern geworben, um das "Überleben des Landes" sicherzustellen. Er wolle lieber einen Kompromiss als einen "Selbstmord", mahnte er.

Lediglich 118 der 162 Abgeordneten der Koalition stünden noch hinter Tsipras, sagte ein Mitarbeiter des Regierungschefs gegenüber Journalisten. Insgesamt stimmten 43 Abgeordnete der Linkspartei SYRIZA gegen die neuen Sparmaßnahmen, darunter prominente Mitglieder wie der frühere Finanzminister Yanis Varoufakis. Damit verfügt die Links-Rechts-Regierung nicht mehr über die für eine Minderheitsregierung nötige Mehrheit von 120 Parlamentariern.

Tsipras stellt Vertrauensfrage

Tsipras will deshalb nach dem 20. August - wenn ein EZB-Kredit in Höhe von 3,2 Milliarden Euro fällig wird und planmäßig die erste Tranche des neuen Hilfspakets ausgezahlt worden sein soll - die Vertrauensfrage stellen, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen. Offiziell bestätigen wollte Regierungssprecherin Olga Gerovasili den Schritt aber noch nicht. "Es wird das geschehen, was nach der Verfassung und den Statuten des Parlaments geschehen muss", sagte sie. Die konservative Nea Demokratia (ND) kündigte dennoch postwendend an, gegen Tsipras stimmen zu wollen, womit Neuwahlen immer wahrscheinlicher werden. Die Opposition hatte dem Premier bei der Abstimmung über das Hilfspaket eine Mehrheit gesichert.

Nun können sich am Nachmittag die Euro-Finanzminister mit den Maßnahmen auseinandersetzen und letzte Hindernisse aus dem Weg räumen. Vor allem der für seine harte Position gegenüber Griechenland bekannte deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte zuletzt immer wieder Bedenken angemeldet und ließ offen, ob er zustimmen werde.

Tsipras hatte sich in seiner Rede vor dem Parlament mehrmals auf den deutschen Finanzminister bezogen, dem er indirekt vorwarf, die Vereinbarungen mit Griechenland wieder rückgängig machen zu wollen. Manche Politiker warteten nur darauf, "dass wir die eine oder andere Maßnahme nicht umsetzen", um ihre Vorschläge - gemeint sind ein möglicher Austritt Griechenlands aus der Eurozone oder ein Überbrückungskredit - wieder auf die Tagesordnung setzen zu können. Ein Überbrückungskredit würde zu einer Krise ohne Ende führen, meinte der Ministerpräsident.

Rettungspaket 86 Mrd. Euro schwer

Das auf drei Jahre angelegte Rettungsprogramm soll einen Umfang von etwa 86 Milliarden Euro haben, einschließlich Erlösen aus dem Verkauf von Staatsvermögen. In einer ersten Rate sollen noch im August 23 Milliarden Euro nach Athen fließen. Mit den neuen Darlehen steigt der Schuldenberg des Landes 2016 auf einen Rekord von 201 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Griechenland muss im Gegenzug umfangreiche Reformen auf den Weg bringen. Am Freitag wurden unter anderem Steuererhöhungen, weitere Einschränkungen bei der Frühpensionierung und die Öffnung von geschützten Berufen beschlossen.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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