China-Angst erfasst globale Aktienmärkte

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Der Einkaufsmanagerindex liegt in China auf dem tiefsten Wert seit 2009. Weltweit reagierten die Börsen darauf mit einem neuerlichen Rückgang. Dies, obwohl die Wachstumssignale in Europa eigentlich positiv ausfallen.

Wien. 47,1 Punkte. Auf diesen Wert fiel am Freitag der von Markit erhobene Einkaufsmanagerindex für die chinesische Industrie. Das wichtige Barometer, das die Stimmung unter den in China tätigen Managern erhebt, blieb damit bereits zum sechsten Monat in Folge unter der Schwelle von 50 Punkten, ab der ein Wachstum signalisiert wird. Aber nicht nur das: Der Index fiel mit diesem neuerlichen Rückgang um 0,7 Prozentpunkte auch auf den tiefsten Wert seit sechseinhalb Jahren. Nur im Jahr 2009 – dem Jahr, in dem die meisten Länder in eine Rezession rutschten – lag der Index noch tiefer.

Mit dieser neuerlichen Schockmeldung kamen die bereits seit Wochen schwelenden Sorgen um die chinesische Konjunktur endgültig an den Weltbörsen an. Der DAX in Frankfurt eröffnete mit einem Sieben-Monats-Tief, und auch die Wall Street in New York startete mit deutlich roten Zahlen in den Handel. Dies, nachdem bereits in den vergangenen Tagen die Kurse auf beiden Seiten des Atlantiks ordentlich ins Rutschen gekommen sind. Da auch die asiatischen Börsen durchwegs kräftige Verluste hinnehmen mussten, gelten die vergangenen fünf Tage bereits als die schlechteste Börsenwoche seit Jahresanfang.

Sorge vor „harter Landung“

Grund für die zunehmende Panik an den Finanzmärkten – die ja als Frühindikator für die konjunkturelle Großwetterlage dienen – ist die Angst vor einer sogenannten „harten Landung“ in China, also davor, dass der Wirtschaftsabschwung eine Eigendynamik entwickelt, die von der politischen Führung nicht mehr gestoppt werden kann. Peking stemmt sich zwar mit aller Vehemenz dagegen. So kündigte die Zentralregierung erst am Mittwoch an, 100 Mrd. Dollar in den chinesischen Bankensektor pumpen zu wollen, um so die Konjunktur anzukurbeln. Und in der Vorwoche erklärte die chinesische Zentralbank, dass der Mittelkurs, um den der chinesische Yuan mit zwei Prozent schwanken darf, künftig nicht mehr politisch festgesetzt, sondern von der Entwicklung des Marktes abhängen wird. Dies führte seither zu einer Abschwächung des Yuan um mehr als drei Prozent, was die chinesischen Exporte wieder antreiben sollte.

Genau diese Exporte, von denen das chinesische Wirtschaftswunder der vergangenen 20 Jahre getrieben ist, kamen zuletzt nämlich ordentlich ins Stottern. Im Juli sanken sie um 8,3 Prozent, nachdem lediglich eine Reduktion um 1,5 Prozent erwartet worden war.

Zudem herrscht allgemein die Sorge, dass die für September erwartete Zinsanhebung in den USA den Druck auf die Schwellenländer weiter erhöhen könnte. Steigen die Renditen in Amerika nämlich wieder an, dürfte viel Geld aus wirtschaftlich immer unsicher werdenden Ländern wie China, Russland oder Brasilien abgezogen und dort investiert werden. Das kann die konjunkturelle Abkühlung in diesen Ländern weiter verstärken.

Angesichts der steigenden Verunsicherung könnte die US-Notenbank Fed ihren Plan aber noch einmal abändern, obwohl die Daten in den USA eine Zinsanhebung wieder zulassen würden. Besser geht es eigentlich auch in Europa. So überraschte der deutsche Einkaufsmanagerindex der Industrie am Freitag mit einem Anstieg auf den höchsten Stand seit eineinhalb Jahren. (jaz/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

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