Aktienmärkte: "Möglicherweise noch weiter runter"

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Shanghais Aktienmarkt erlebte den schwersten Kurssturz seit acht Jahren. Der Dax verliert zwischenzeitlich über fünf Prozent. Analysten sind sich uneinig: "Überreaktion" bis "weiterer Rückzug".

Die Handelswoche beginnt wie die vergangene geendet hatte: Die Anleger schicken die europäischen Aktienmärkte auf Talfahrt, die Unsicherheit um China dominiert den Handel. Der Deutsche Aktienindex Dax verlor am frühen Nachmittag zwischenzeitlich 5,25 Prozent und lag mit 9.593 Punkten deutlich unter der 10.000er-Marke. In Paris rutschte der CAC 40 am frühen Nachmittag mit 5,04 Prozent ins Minus. Die Londoner Börse gab ebenfalls um gut vier Prozent nach, in Brüssel waren es mehr als fünf Prozent. Der Wiener Leitindex ATX stand kurz nach 14 Uhr mit 2.211,06 Zählern um 4,54 Prozent im Minus.

Sorgen um einen Konjunktureinbruch in der zweitgrößten Volkswirtschaft in China hatten zuvor die Börsen in Asien einbrechen lassen. Shanghais Aktienmarkt erlebte den schwersten Kurssturz seit acht Jahren, während der Nikkei in Japan den größten Verlust seit mehr als zwei Jahren hinnehmen musste. Die seit Wochen massiven staatlichen Interventionen zur Stabilisierung der Märkte in China haben sich damit als erfolglos erwiesen. Mit dem Kursrutsch wurde alle Gewinne in diesem Jahr zunichtegemacht.

Ursache der Panikverkäufe ist die Verunsicherung über die globale Wirtschaft, die Sorgen über ein verlangsamtes Wachstum des globalen Wirtschaftsmotors China sowie die Enttäuschung von Anlegern, die vergeblich auf baldige neue Konjunkturspritzen aus Peking gehofft hatten.

B�rsen im Minus
B�rsen im Minus(c) APA

Auch der kleinere Shenzhen Component Index fiel um 7,83 Prozent auf 10.970,29 Punkte. Der ChiNext für Technologiewerte, der dem Nasdaq in den USA ähnelt, verlor 8,08 Prozent auf 2.152,61 Punkte. Die Kurse von fast 2.200 Aktien gaben bis an die tägliche Grenze von zehn Prozent nach, wo sie vom Handel ausgenommen werden. Börsianer sprachen von einem "schwarzen Montag".

Talfahrt kann noch weitergehen

Die Talfahrt kann nach Einschätzung von Experten noch andauern. "Es geht möglicherweise noch weiter runter", sagte der unabhängige Analyst Ye Tan der Deutschen Presse-Agentur in Peking. Der Index in Shanghai könnte sogar unter die Marke von 3.000 fallen. "Der Markt ist auf jeden Fall auf einem ununterbrochenen Rückzug."

Angesichts der Verluste an Chinas Börsen und zum Wochenende auch an der Wall Street sackte der Nikkei-Index massiv um 895,15 Punkte oder 4,61 Prozent auf den Schlussstand von 18.540,68 Punkten. Auf so einem niedrigen Niveau hatte das Börsenbarometer seit dem 23. Februar nicht mehr gelegen. Jede an der 1. Sektion gehandelte Branche musste Verluste einstecken. Angeführt wurden die Verlierer von Aktien des Banken-, Immobilien- und Stahlsektors. Auch Japans Autobauer erlitten schwere Einbußen: Fuji Heavy Industries mit der Marke Subaru stürzten um 8,4 Prozent ab, Mazda verlor 7,2 Prozent.

Experten: "Überreaktion"

Neben den Befürchtungen über China gibt es zusätzlich Unsicherheit darüber, ob oder wann die US-Zentralbank eine erwartete Zinsanhebung vornimmt, wie Analysten meinten. Zwar sei zu erwarten, dass es nach den erneut massiven Verlusten zu Schnäppchenkäufen komme. Doch werde der Tokioter Markt voraussichtlich weiter solange in einer Korrekturphase stecken, bis sich klarer abzeichnet, wann es zur Zinsanhebung der Fed kommt.

Manche Experten in Tokio halten den Ausverkauf vom Montag jedoch auch für eine Überreaktion. Zwar seien die jüngsten Quartalsbilanzen japanischer Unternehmen nicht schlecht gewesen, aber angesichts des globalen Kursrutsches an den Börsen seien die Anleger nicht in der Lage gewesen, nur an japanischen Aktien festzuhalten, sagte Yoshihiko Tabei von Naito Securities der Agentur Jiji Press. Die Talfahrt wurde anscheinend noch von Hedgefonds befeuert.

Ölpreis: Brent unter 44 Dollar

Auch die Ölpreise haben ihre Talfahrt wegen der Konjunktursorgen um China am Montag mit erhöhtem Tempo fortgesetzt. Die beiden weltweit wichtigsten Ölpreise fielen auf den tiefsten Stand seit sechseinhalb Jahren. Zu Mittag rutschte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent mit Lieferung im Oktober auf 43,28 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit März 2009. Zuletzt wurde Brent-Öl bei 43,75 Dollar gehandelt und damit 1,70 Dollar niedriger als am Freitag.

China kündigt Maßnahmen an

Der Kursrutsch in China setzte sich beschleunigt fort, obwohl die Regierung am Wochenende angekündigt hatte, den chinesischen Pensionsfonds zu erlauben, auch in den Aktienmärkten zu investieren. Den Anlegern reichte das aber offensichtlich nicht, da viele auf eine weitergehende Verringerung der Mindestanforderungen für die Kapitalreserven der Banken hoffen.

Chinas Zentralbank erwägt nach einem Bericht des "Wall Street Journals", den Mindestreservesatz zu senken, um die Konjunktur zu stützen. Der Schritt soll aber nicht sofort erfolgen, sondern erst zum Monatsende oder Anfang September. Dabei würde der Mindestreservesatz um einen halben Punkt gesenkt werden, um 678 Mrd. Yuan (94,16 Mrd. Euro) für Kredite freizusetzen.

Stimmung der Unternehmer sinkt weiter ab

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Stimmung chinesischer Unternehmer auf den tiefsten Stand seit März 2009 gefallen ist. Im August schrumpfte die Industrie so stark wie seit sechseinhalb Jahren nicht. Der vorläufige Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex fiel auf 47,1 Punkte nach 47,8 Zählern im Vormonat. Die Binnennachfrage wie auch der Export schwächelten.

Analysten hatten mit einem Wert von 48,2 gerechnet. Auch dies wäre das sechste Mal in Folge gewesen, dass es der Index nicht über die Marke von 50 Stellen schafft, die Wachstum signalisiert.

(APA/dpa)

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